„Riester-Beitragsgarantie wird zunehmend zum Problem“

Der Gesamtbestand an Riester-Verträgen schmilzt immer weiter ab. Doch woran liegt die mangelnde Nachfrage und wie ließe sich die Attraktivität der Produkte wieder steigern? 3 Fragen an Jens Jennissen, Gründer und Geschäftsführer von fairr.de.

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07:10 Uhr | 17. Oktober | 2019
Jens Jennissen, Gründer und Geschäftsführer des auf Riester-Produkte spezialisierten Vermittlerunternehmens fairr, hält eine Rückkehr zu Wachstum im Riester-Markt nicht für ausgeschlossen.

Jens Jennissen, Gründer und Geschäftsführer des auf Riester-Produkte spezialisierten Vermittlerunternehmens fairr, hält eine Rückkehr zu Wachstum im Riester-Markt nicht für ausgeschlossen. Bild: fairr.de

procontra: Der Gesamtbestand an Riester-Verträgen ist auch im zweiten Quartal 2019 gesunken: Ein unaufhaltsamer Schrumpfprozess oder rechnen Sie in Zukunft wieder mit steigenden Vertragszahlen?

Jens Jennissen: Wir sehen die Zahlen gelassen, differenziert und keinesfalls defätistisch. Einige Produktkategorien leiden unter Faktoren, die nicht nur Riester-Verträge betreffen, wie zum Beispiel das Zinsniveau. Diese Faktoren können sich aber in Zukunft positiv entwickeln und zu einem erneuten Wachstum im Riester-Markt führen. Weiterhin sind die Zahlen auch nicht vollständig, da zum Beispiel unser ‚fairriester‘ als Vermögensverwaltungsprodukt in keine der gängigen Kategorien fällt. Dabei zeigen gerade unsere Produkte, mit jährlichen Wachstumsraten von 50 bis 100 Prozent, dass ein kundenfreundliches Angebot bei den Sparern ankommt. Eine weitere Zunahme von kostengünstigen und renditestarken Angeboten würde dem Markt guttun. Zusätzlich könnte die Politik mit verschiedenen Maßnahmen unterstützen.  

procontra: Mit Blick auf die BMAS-Zahlen: Warum sind die Menschen nicht mehr so scharf darauf, Riester-Verträge abzuschließen?

Jennissen: Wir sehen zwei Hauptfaktoren. Zum einen das Zinsniveau: Riester-Rentenversicherungen und Riester-Banksparpläne sind nun einmal in erster Linie festverzinsliche Produkte, die in Zeiten von Null- oder Negativzinsen an Attraktivität verlieren. Ein Rückgang dieser Produktkategorien ist für uns nicht überraschend. Dies ist aber vielmehr ein Punkt, der alle klassischen Sparprodukte betrifft und nicht zu einem weiteren Riester-Bashing führen kann.

Ein zweiter Faktor ist das politische Stimmungsbild. Eine konstante Meinungsmache gegen die Riester-Rente verunsichert die Kunden. Dies gilt in gleichem Maße für scheinbar alternative Lösungen wie Deutschlandrente oder Rückkehr zu einer rein staatlichen Altersvorsorge. Statt Luftschlösser auf grüner Wiese zu bauen, wäre es besser, die bekannten Verbesserungsmöglichkeiten der Riester-Regelung anzugehen.

procontra: Was müsste passieren, damit Riester-Produkte – speziell Versicherungen – wieder an Attraktivität gewinnen?

Jennissen: Wie angemerkt, sind Riester-Rentenversicherungen in erster Linie als festverzinsliches Produkt sinnvoll für Sparer mit geringer Risikoneigung. Hier helfen nur ein Anstieg des Zinsniveaus sowie Produkte mit geringen Kosten. Diese gibt es bereits am Markt. Für Sparer mit längerem Zeithorizont ist das Fondssparen mit einem Riester-Fondssparplan viel sinnvoller. Die Kosten können dabei durch den Einsatz von ETFs deutlich gesenkt und die Rendite gesteigert werden.

Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Reformmöglichkeiten für die Riester-Rente. Beispielhaft möchte ich eine Vereinfachung der Abwicklung der Riester-Zulagen für Kunden und Anbieter nennen. Außerdem wird die Riester-Beitragsgarantie in Zeiten von Negativzinsen zunehmend zu einem Problem, da sie sich schlicht mathematisch kaum noch darstellen lässt – und das unabhängig von Kosten. Zu diesen Punkten formiert sich ein starker Konsens in der Branche und wir hoffen, dass die Politik den Handlungsbedarf erkennt.

Die Fairr.de GmbH ist als Versicherungsvertreter für die myLife Lebensversicherung AG registriert. Als Finanzanlagenvermittler vermittelt das Unternehmen Produkte der Sutor Bank aus Hamburg.