Riester-Reform: Nun wird es ernst

Lange Zeit geschah nichts, nun beginnt die Politik den Riester-Reformdialog mit der Versicherungswirtschaft und Verbraucherschützern. Für die Versicherer ist dieser Chance und Risiko zugleich.

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13:02 Uhr | 21. Februar | 2020
BMF Riester Rente Altersvorsorge

Das Finanzministerium lud zu einem ersten Gespräch zur Zukunft der Riester-Rente. Bild: BMF/Hendel

Der Auftakt ist gemacht: Am Donnerstag startete in Berlin der Dialogprozess zur Zukunft der Riester-Versicherung – diesen hatte die Große Koalition in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Eingeladen hatte das Bundesfinanzministerium zu einer Anhörung, geladen waren unter anderem Vertreter des GDV sowie Verbraucherschützer des vzbv.  

Über die Ergebnisse des ersten Zusammentreffens wollte keine der beteiligten Parteien Auskunft geben. Auf procontra-Nachfrage hieß es lediglich, dass über den Inhalt des Gesprächs Stillschweigen vereinbart wurde. Auch die Frage, ob und wann weitere Gesprächsrunden folgen werden, blieb unbeantwortet.  

Einig sind sich alle beteiligten Parteien darin, dass sich bei der Riester-Rente etwas ändern muss, auch wenn das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel sehr vorsichtig formuliert ist: „Wir halten am Drei-Säulen-Modell fest und wollen in diesem Rahmen die private Altersvorsorge weiterentwickeln und gerechter gestalten. Es ist ein Dialogprozess mit der Versicherungswirtschaft anzustoßen mit dem Ziel einer zügigen Entwicklung eines attraktiven standardisierten Riester-Produkts“, heißt es hier lediglich.  

Chance für Versicherer

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Ein unbefriedigendes Ergebnis auch für die Versicherungswirtschaft, die die aktuellen Gespräche auch als Chance verstehen dürfte, ihren Ideen zur Wiederbelebung der privaten Vorsorge Gehör zu verschaffen. Diese fokussieren sich auf eine Fortentwicklung des bestehenden Systems und gegen einen Systemwechsel, wie ihn die „Deutschland-Rente“ aus Hessen oder die „Extra-Rente“ vorsehen. „Das Riester-System ist renovierungsbedürftig. Ein Abriss ist aber keine Lösung“, befand GDV-Präsident Dr. Wolfgang Weiler auf der diesjährigen Jahresmedienkonferenz des Verbands.  

Zusammen mit dem Fondsverband BVI und dem Verband der Bausparkassen haben die Versicherer in diesem Zusammenhang ein Fünf-Punkte-Programm erstellt. Dieses sieht unter anderem ein vereinfachtes Zulageverfahren, die Schaffung von unkomplizierten und kostengünstigen Standardprodukten und die Öffnung der geförderten privaten Altersvorsorge für alle Personengruppen vor. Auch eine Lockerung der Bruttobeitragsgarantie gehört zu den Forderungen – hier sprach sich der GDV zuletzt für eine Senkung auf 80 Prozent aus.  

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Aus Sicht der Verbraucherschützer ist es mit kleineren Nachbesserungen nicht getan: Es brauche eine Reform und kein Reförmchen, ließ der Verband unmittelbar vor dem stattfindenden Gespräch wissen.

Was sich der vzbv unter einer Reform vorstellt, hatte er im April des vergangenen Jahres der Öffentlichkeit vorgestellt: die Extrarente, einer staatlich-organisierten Alternative zu den privaten Anbietern. Dieses als Opt-out-Lösung angedachte Modell sieht vor, dass Arbeitnehmer automatisch fünf Prozent ihres Lohns komplett in Aktienfonds investieren, die von einem öffentlich-rechtlichen Träger vorausgewählt wurden. Ab dem 50. Lebensjahr soll das Vermögen des Anlegers schließlich in weniger schwankende Anlagen umgeschichtet werden.  

Wie sich die Politik, insbesondere Finanzminister Olaf Scholz, positionieren wird, bleibt abzuwarten. In der SPD war der Fokus zuletzt eindeutig auf die Stärkung der gesetzlichen Rente gelegt worden. In einem Interview mit der Parteizeitung „Vorwärts“ erklärte beispielsweise der SPD-Rentenexperte Ralf Kapschack: „Die SPD muss dafür sorgen, dass die gesetzliche Rente so gestärkt wird, dass private Vorsorge nicht mehr notwendig ist, um ein sinkendes Rentenniveau auszugleichen. Das dürfte sozusagen nur die Sahne auf dem Kaffee sein.“

Ultimatum an private Anbieter

Auch beim Koalitionspartner spricht man sich für Reformen aus – allerdings eher im Sinne von Evolution statt Revolution. Auf dem Leipziger Parteitag verabschiedete die CDU acht Punkte, mit denen „die bestehende private Altersvorsorge an zentralen Stellen verbessert werden“ soll. Riester soll vereinfacht und damit attraktiver gestaltet werden, so der Wille der CDU, die damit nah an den Vorschlägen der Versicherer ist.  

Allerdings verbinden die Christdemokraten ihre Vorschläge auch mit einem Ultimatum an die privaten Anbieter: Sollte es diesen in einem Zeitraum von drei Jahren nach Verabschiedung der Reform nicht gelingen, die Gesamtzahl der abgeschlossenen Verträge um 30 Prozent zu erhöhen, spricht sich auch die CDU für die Erweiterung des Produktportfolios um ein staatlich organisiertes Vorsorgeprodukt aus.

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