Zielgruppe Geschäftsführer: Reine Chefsache

Die Absicherung von Geschäftsführern ist ein sehr attraktives Betätigungsfeld für Versicherungsvermittler. Doch wer punkten will, muss seine Kompetenz schnell und klar „rüberbringen“. Der Manager auf der anderen Seite steigt sonst sofort aus.

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07:01 Uhr | 23. Januar | 2020
Zielgruppe Geschäftsführer Jan Ross

„Der Manager muss auch Cyberrisiken professionell einschätzen können“, so Jan Roß, Bereichsvorstand Maklervertrieb bei der Zurich Gruppe. Bild: Zurich

Nur wer den Rechtsbegriff „dolus eventualis“ kennt und verständlich erläutern kann, sollte künftig Manager hinsichtlich ihres persönlichen Schutzes beraten. Das meint jedenfalls Matthias Talpa von Konzept und Verantwortung Versicherungsmakler GmbH. Der gelernte Bankkaufmann ist seit über 20 Jahren auf Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung spezialisiert und hat das Versicherungsportal KuV24-manager.de mitgegründet.

Juristische Kompetenz notwendig

Talpa: „Wer sich als Versicherungsvermittler beratend auf dieses sensible Terrain wagen will, sollte keine Berührungsängste mit juristischen Terminologien und Sachverhalten haben.“ Der lateinische Fachbegriff beschreibt den „bedingten Vorsatz“, der in der Managerhaftpflicht, der sogenannte Directors-and-Officers-Versicherung (D&O), bei guten Angeboten eingeschlossen ist. Einig sind sich alle Experten darüber, dass Manager im ersten Schritt eine umfassende Analyse der persönlichen Haftungssituation benötigen und eine darauf abgestimmte D&O-Police brauchen. Diese sichert existenzbedrohende persönliche Folgen von Pflichtverletzungen ab. Vermittlern, die sich nicht umfassend, mit den Risiken von Geschäftsführern und deren Schutz beschäftigen möchten oder können, rät Talpa zu einer Kooperation. Längst hat sich eine Reihe von Versicherungsmakler auf die Absicherung von Führungskräften spezialisiert. „Wir haben für die Manager-Absicherung spezielle Deckungskonzepte entwickelt, deren Niveau weit über dem Marktstandard liegt“, behauptet etwa der Versicherungsmakler Contrust. Zudem habe das Unternehmen bei der Analyse von D&O-Policen eine 80-prozentige Quote mangelhafter Verträge entdeckt. Speziell aufgestellt sehen sich auch die Exali GmbH, das Versicherungsportal für Dienstleister und freie Berufe, der Versicherungsmakler Franke & Krippner, die MRH Trowe-Gruppe oder die AsseCon Assekuranzmakler GmbH.

Markt wächst – Attraktivität der Personen auch

Der Zielmarkt für diese Spezialisten wird jedenfalls immer größer, denn die Zahl der Unternehmen in Deutschland steigt, wie Zahlen des Statistischen Bundesamt zeigen. Schätzungsweise 3,8 Millionen Unternehmensleiter sind potentielle Kunden und sie sind sehr attraktiv. So verdienen laut dem Gehaltsreport 2017/18 Geschäftsführer im Schnitt 171.000 Euro im Jahr. Bei Firmen über fünf Millionen Euro bis 25 Millionen Umsatz liegt das Einkommen schon bei 223.000 Euro. Doch Chefs fungieren zudem als Multiplikator, da sie in der Regel der erste Ansprechpartner für die betriebliche Altersvorsorge oder weitere Firmenversicherungen sind. „Wird der Geschäftsführer von der Qualität der D&O-Beratungsleistung überzeugt, dann findet der Versicherungsmakler häufig Zugang zu den anderen Sparten, die für ihn wirtschaftlich gesehen attraktiver sind“, stellt Michael Hendricks fest. Die „graue Eminenz“ der Vermittlung von Managerhaftpflicht führt heute die Kanzlei Hendricks und Partner Rechtsanwälte.

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Klagen nehmen zu

Der Zeitpunkt sich speziell mit Managerschutz zu beschäftigen ist jedenfalls sehr günstig, denn Haftungsklagen gegen Manager nehmen in der Praxis zu, wie Maik Wiesner Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner feststellt. Die gesetzlichen Haftungsregelungen für Organmitglieder von Kapitalgesellschaften wären „scharf“. „Viele Manager unterschätzen die Kosten für Anwälte, Gutachter und Gerichte, die leicht in den sechsstelligen Bereich gehen können“, erklärt Franz Held, Mitglied der Geschäftsleitung beim Kölner D&O-Anbieter VOV. „Hinzu kommt der Schadenersatz, der aus eigener Tasche zu zahlen ist, wenn sich der Vorwurf gegen den Geschäftsführer erhärtet.“ Selbst für einfachstes Verschulden haftet das betroffene Organmitglied grundsätzlich der Höhe nach unbegrenzt mit seinem Privatvermögen.

Die Tätigkeit als Manager sei selbst bei größtem Bemühen um ordnungsgemäße Geschäftsführung in hohem Maße gefahrgeneigt. „Selbst ein erfahrener Manager ist daher nicht vor einem haftungsmäßigen Schiffbruch gefeit“, so Wiesner. Eines der größten Haftungsrisiken für Manager stellt nach Einschätzung des Versicherers Markel mittlerweile die Insolvenz des Unternehmens dar. „Gerät das Unternehmen in die Krise, stellt dies eine besondere Herausforderung für die Unternehmensleiter dar“, warnt Anna Pelleter, Head of Financial Lines. Daher sollten Geschäftsführer spätestens mit den ersten Anzeichen ständig die Liquidität des Unternehmens im Blick haben, um beim Vorliegen eines Insolvenzgrunds rechtszeitig den Insolvenzantrag zu stellen. Entscheidungsträger sollten grundsätzlich – also weit vor jeder Krise – prüfen, ob die bestehende D&O-Versicherungen Erstattungsansprüche aus dem Insolvenzrecht umfasst.

Persönlicher-Rund-um-Schutz

Doch Deckung erzeugt auch Haftung. „Insolvenzverwalter haben das Gemüt eines Fleischerhundes. Sie schütteln an allem, ob da nicht etwas für sie herunterfällt“, sagt Geschäftsführer Manfred Bock von der AsseCon Assekuranzmakler GmbH. Bock rät Manager daher dazu, sich zusätzlich persönlich zu schützen. Denn die klassische D&O-Police wird vom Unternehmen für seinen Manager abgeschlossen, um bei Fehlern des Geschäftsführers abgesichert zu sein. Das hat auch Nachteile. Bock: „Der Schutz über die Firma ist gefährlich, denn die Geschäftsführer haben auf diese Policen keinen vollen Einfluss.“ Die Police könnten summenmäßig erschöpft, nicht bezahlt oder gekündigt sein, wenn es hart auf hart kommt. Zudem müsse im Strafrechtsfall das Unternehmen hinsichtlich der Deckung zustimmen. Damit könnte Druck auf den betroffenen Geschäftsführer ausgeübt werden. Daher hat die AsseCon Assekuranzmakler den „Managerschutz 360“ entwickelt. Er besteht aus persönliche D&O- und Spezial-Strafrechtspolice sowie aus einem Anstellungsvertrags-Rechtschutz. Damit wären die drei Risiken Vermögensverlust, staatsanwaltliche Ermittlungen und Jobverlust abgesichert. Der Dreifachschutz wird im Maklerkonzept von zwei Versicherern, der Rolandrechtschutz und der W.R. Berkley gestellt. Mit dem Strafrecht kämen heute Geschäftsführer in Windeseile in den Konflikt. Wird Managern ein Schaden vorgeworfen, dann entfielen in der Regel 70 bis 80 Prozent der Kosten auf die Abwehr der Ansprüche. Diese Kosten wären daher besser beim Rechtsschutzversicherer aufgehoben. Bock“: In unserer Kombipolice stehen aus dieser Police bei der Rolandversicherung 300.000 Euro Streitkosten zusätzlich zur Verfügung. Hinzu kommt eine Deckungssumme von einer Million Euro aus der D&O-Police für Vermögensschäden.“ Solche Lösungen lassen sich aber auch direkt über Versicherer herstellen. So ist Mario Hartmann, Underwriting Manager Professional Indemnity and D&O bei Hiscox Deutschland, der Meinung, dass die Abwehrkosten im Schadenfall nicht auf die Versicherungssumme der Managerhaftpflichtpolice angerechnet werden dürfen. Zudem sollte es eine unbegrenzte Nachmeldefrist für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsvertrages geben.

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Cyber- und Keymann-Absicherung Basisleistungen

Besondere Leistungen bietet etwa die ARAG für Manager. So gibt es eine Anwalts- oder Mediatoren-Empfehlung. Die Schlichter versuchen zwischen Manager und Unternehmen zu vermitteln, damit der Streit nicht imageschädigend vor dem Kadi landet. Grundsätzlich rät die ARAG, wie die meisten Assekuranzen und Vermittler dazu, neben der D&O-Police auch eine Vermögensschaden-Rechtsschutz, Spezial-Straf-Rechtsschutz und Anstellungsvertrags-Rechtsschutz abzuschließen. Demgegenüber geht Jan Roß, Bereichsvorstand Maklervertrieb bei der Zurich Gruppe, deutlich weiter. „Der Manager muss Cyberrisiken professionell einschätzen können, um entsprechende Vorkehrungen zu treffen.“ Zudem gelte es „Schlüsselpersonen“ – meist Geschäftsführer – gegen Ausfall abzusichern. Roß: „Im schweren Krankheits- oder Todesfall einer solchen Schlüsselkraft gehen ad hoc Wissen, Erfahrung, Kompetenz und langjährige Geschäftskontakte verloren.“ Daher empfiehlt der Experte eine sogenannte Keymann-Absicherung zu beraten. Sie ermöglicht den Unternehmen, sich gegen die finanziellen Folgen bei Ausfall eines Leistungsträgers abzusichern.

Vorträge und Xing-Profil nutzen

Geschäftsführer können nach Einschätzung von Vermittlern gut über Vortragsveranstaltungen oder Veröffentlichungen zum Thema Haftung und Versicherung erreicht werden. Zudem ist jeder Geschäftsführer im Impressum seiner Website zu finden. Da in der Regel auch ein Xing-Profil besteht, kann es nach Meinung von Vermittlern durchaus zu Kontaktaufnahme dienen. Dabei sollte man schnell die Kompetenz des Gegenübers ausloten. Nicht alle haben das Thema persönliche Haftung im Auge, wenn sie sich „nur über ihre frische Beförderung freuen“. Experte Hendricks erläutert den Manager, dass es in aller Regel darum geht, dass Fehler anderer ihnen angelastet werden. Und dem Vorwurf des Organisationsverschuldens könne man kaum entgehen. „Aus diesem Grunde ist der Abschluss einer Versicherung unumgänglich“, so Hendricks. Fast alle spezialisierten Vermittler bieten Versicherungsmaklern Kooperationen an. Sie sind aber sehr unterschiedlich aufgebaut und reichen von einem Gutachten über die Qualität des D&O-Schutz bei Hendricks und Partner Rechtsanwälte bis hin zum Vermittler-Onlineportal bei KuV24-manager.de. „Nach ausführlicher telefonischer Beratung, gibt es eine erstaunlich hohe Bereitschaft, eine D&O-Versicherung online über das an sich sehr anonyme Medium Internet abzuschließen“, sagt Experte Talpa. Und scheinbar bekommt heute jeder Schutz. Unerwünschte oder nicht versicherbare Risiken kennt der Markt scheinbar nicht. Denn auch der Geschäftsführer eines Kernkraftwerkes ist zu „vertretbaren“ Prämien zu versichern, wie ein Brancheninsider feststellt.

Hinweis: Der Text erschien zuerst in der Zielgruppen-Spezialausgabe der procontra.

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