Ampel-Aus: Ist die Riester-Reform jetzt vom Tisch?
Die FDP verlässt die Ampel-Koalition. Neben vielen anderen Baustellen wirft das auch die Frage auf, ob die angekündigte Reform der geförderten privaten Altersvorsorge in dieser Legislaturperiode überhaupt noch eine Chance hat. Innerhalb der Versicherungs- und Finanzbranche war der Anfang Oktober veröffentlichte Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) auf relativ breite Zustimmung gestoßen.
Das BMF selbst, als Verfasser des Entwurfs, bat heute gegenüber procontra um Verständnis, sich derzeit nicht zur Zukunft der Reformpläne äußern zu können, ebenso die Grünen. Antwortfreudiger zeigten sich die Bundestagsfraktionen von FDP und SPD.
„Der Entwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge liegt auf dem Tisch – und damit ein entscheidender Impuls zur Wiederbelebung der Eigenvorsorge“, sagte die zuständige Berichterstatterin der FDP-Bundestagsfraktion, Anja Schulz, auf procontra-Nachfrage. Die FDP habe ihre Arbeit in dieser Sache getan und es liege nun in den Händen der SPD. „Eine Entscheidung noch vor den nächsten Bundestagswahlen wäre ein klares Signal an die Menschen, dass das Thema Altersvorsorge nicht vom Tisch ist“, so Schulz.
Freilich steht die neue Bundesregierung nun vor größeren Herausforderungen, wenn es um Abstimmungen und Beschlüsse geht. Doch für all diese Herausforderungen werde man, wie von Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch angekündigt, bei der demokratischen Opposition um Unterstützung werben, sagte ein Sprecher der SPD-Bundestagfraktion gegenüber procontra. Aktuell könne man zu konkreten Vorhaben aber leider noch zu wenig sagen.
Vermittlerverbände zeigen sich besorgt
Derweil schrumpft bei den Vermittlerverbänden die Hoffnung auf eine baldige Reform. „Es ist schlicht nicht vorstellbar, dass der bisher noch nicht einmal im Bundeskabinett verabschiedete Referentenentwurf des Finanzministeriums umgesetzt werden wird. Dies gehört sicher nicht zu den Prioritäten einer Minderheitsregierung, so kurz oder lange sie auch dauern wird“, sagte der geschäftsführende Votum-Vorstand Martin Klein auf procontra-Nachfrage. Jedoch werde sich auch eine neue Bundesregierung zwingend der Reform der privaten geförderten Altersvorsorge zuwenden müssen. Neue Produktangebote schon zu Beginn des Jahres 2026 seien nun jedoch nicht mehr zu erwarten, glaubt Klein. Er geht davon aus, dass in den nächsten beiden Jahren weiter mit dem bestehenden Produktangebot aus bAV, Riester- und Basisversicherung gearbeitet werden muss.
Auch der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW sieht die aktuellen Entwicklungen mit Sorge, speziell mit Blick auf die Reformpläne. „Leider ist nun mehr als fraglich, ob es bis zur Amtsübernahme einer neuen Regierung überhaupt noch zu einer Umsetzung dieses Entwurfs kommen wird“, heißt es dazu in einem Statement des Verbands. Die Berliner appellieren bereits an eine neue Regierung, das Thema prioritär zu behandeln und einen neuen Anlauf zu unternehmen, sollte es nun nicht mehr dazu kommen. Schließlich sei der vorgelegte Referentenentwurf von vielen Seiten, auch innerhalb der Versicherungs- und Finanzbranche, grundsätzlich positiv aufgenommen worden und werde als eine notwendige Modernisierung der geförderten Altersvorsorge angesehen.
„Wir sind daher sehr skeptisch, ob der Plan von Bundeskanzler Olaf Scholz funktionieren wird, mit einer Minderheitsregierung die noch ausstehenden Gesetzesvorhaben, wie unter anderem die Reform der geförderten privaten Altersvorsorge, bis Jahresende im Bundestag zu verabschieden. Angesichts der Forderung des CDU-Vorsitzenden und Oppositionsführers Friedrich Merz nach einer sofortigen Vertrauensfrage und Neuwahlen, ist dies sogar eher unwahrscheinlich“, sagte Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Dabei sei die Reform vor dem Hintergrund des demografischen Wandels nötiger denn je. Die Interimsbesetzung des Bundesfinanzministeriums mit dem SPD-Mann Jörg Kukies sieht man beim BVK aus europapolitischer Sicht kritisch. „Im Hinblick auf die Diskussion zu Provisionsbeschränkungen könnte diese Konstellation in den nächsten Monaten eine Zitterpartie für die Vermittlerschaft in Deutschland bedeuten“, schätzt Heinz.
Beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geht man davon aus, dass die Reform der privaten Altersvorsorge in dieser Legislatur nicht mehr erfolgen wird. „Dabei ist eine Reform seit Jahren überfällig. Ich bedauere, dass sie nun erneut aufgeschoben wird", sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Bei der nächsten Bundesregierung werde sich sein Verband weiter dafür einsetzen, eine Reform durchzubringen.