Restart im Vertrieb?

Lebensversicherer denken über Riester-Neustart nach

Seit Ende 2021 verkaufen viele Lebensversicherer keine Riester-Produkte mehr. Doch das könnte sich bald ändern, wie eine procontra-Nachfrage belegt. Mehrere große Häuser sind bereits in Lauerstellung.

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13:06 Uhr | 14. Juni | 2024
Comic-Rakete

Zünden mehrere große Lebensversicherer 2025 erneut die Riester-Rakete? Für Vermittler und Produktgeber wäre das Neugeschäft dann jedenfalls wieder profitabel.

| Quelle: imaginima

Der Gesamtbestand an Riester-Verträgen ist im Vorjahr um 362.000 auf rund 15,5 Millionen zurückgegangen – ein Minus von 2,3 Prozent, das überwiegend Riester-Rentenversicherungen betrifft. Kein Wunder, schließlich haben viele Lebensversicherer Ende 2021 den Vertrieb der sogenannten Zulagenrente eingestellt. Hauptgrund dafür war die damalige Absenkung des Höchstrechnungszinses (HRZ) von 0,9 auf 0,25 Prozent, der gleichzeitig die Obergrenze für den Garantiezins markiert, den die Lebensversicherer ihren Kunden maximal gewähren dürfen. Nach Abzug von Vertriebs- und Verwaltungskosten blieb anscheinend bei vielen Anbietern nicht mehr genug Kundengeld übrig, um mit einem Garantiezins von nur noch 0,25 Prozent die verpflichtende Rückzahlung der eingezahlten Beiträge garantieren zu können. Folglich wurde das Geschäft eingestellt.

Doch die nun bevorstehende Anhebung des HRZ auf ein Prozent per 1. Januar 2025 stößt diese Tür rein rechnerisch wieder auf. Denn dann könnten Vertrieb und Versicherer wieder ausreichend an der Riester-Vermittlung verdienen. Auch Maximilian Happacher, Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung, hält eine Rückkehr vieler Lebensversicherer zum Riester-Neugeschäft nicht für unwahrscheinlich, wie er Anfang des Jahres im procontra-Interview betonte.

Aber wie sieht es aus, wenn man die Anbieter direkt danach fragt? Werden sie ab 2025 wieder Riester-Neugeschäft anbieten? Das wollte procontra von den nach Beitragseinnahmen sechs größten Lebensversicherern wissen, die dieses bis Ende 2021 eingestellt haben: Generali Leben, Axa, Bayern Versicherung-LV (VKB), Zurich, R+V und Debeka.

Lebensversicherer in Lauerstellung

Dass sie aktuell darüber nachdenken, die Entscheidung aber noch nicht feststeht, haben relativ gleichlautend Generali, Axa, VKB und Zurich geantwortet. Naheliegend ist dabei, dass ein „Ja“ oder „Nein“ zum Riester-Restart mit den noch ausstehenden politischen Entwicklungen in der Sache zusammenhängt. Die Fokusgruppe Altersvorsorge hatte vor rund einem Jahr konkrete Vorschläge zur Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge gemacht, darunter ein Opt-out-Modell für eine größere Verbreitung und flexiblere Auszahlungsmöglichkeiten. Letztendlich muss aber die Bundesregierung entscheiden, wie sie zukünftig mit Riester umgehen will. Auf procontra-Nachfrage beim Bundesfinanzministerium hieß es Ende des vergangenen Jahres, dass das entsprechende Gesetzgebungsverfahren dazu in 2024 abgeschlossen werden soll.

Auch bei der R+V will man noch auf mehr Klarheit warten. „Eine Wiederaufnahme von Riester-Produkten erscheint aktuell nicht empfehlenswert, da die Entscheidungen der Bundesregierung bezüglich geförderter Altersvorsorge abgewartet werden sollten“, sagte uns ein Sprecher des Konzerns.

Bei der Debeka hofft man auf eine baldige Reform, die Riester-Produkte durch gezielte Anpassungen attraktiver werden lässt. Insbesondere für Familien mit Kindern und Menschen mit geringem Einkommen sei die Riester-Rente nach wie vor ein geeignetes Instrument, um mithilfe der staatlichen Zulagenförderung Altersvorsorgevermögen für den Ruhestand aufzubauen. „Aus diesem Grund prüfen wir derzeit generell die Wiedereinführung eines Riester-Produktes für das Neugeschäft im Zuge der Anhebung des Rechnungszinses auf 1,0 Prozent zum 01.01.2025“, erklärte eine Sprecherin gegenüber procontra.

Bevor die Debeka aber mit einem potenziellen neuen Förderprodukt an den Start geht, müssten die politischen Weichen eindeutig gestellt sein. „Die Frage, ob wir ein Riester-Comeback mit 1,0 Prozent Rechnungszins erleben werden oder doch ein zügig durchgeführtes Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr die Neuausrichtung der staatlich geförderten Altersvorsorge ab 2025 vollzieht, wird die gesamte Lebensversicherungsbranche über die nächsten Monate in Atem halten“, heißt es aus Koblenz.

Noch Vieles unklar

In Atem hält diese Reformdiskussion die Branche tatsächlich. Denn es ist weiterhin nicht klar, ob es ein völlig neues staatlich gefördertes privates Altersvorsorgeprodukt geben wird oder ob viele Aspekte der bekannten Riester-Rente erhalten bleiben.

Deren Namensgeber, der frühere Bundesarbeitsminister Walter Riester, ging vor einigen Monaten im procontra-Interview mit den Forderungen des GDV an eine Riester-Reform hart ins Gericht. Eine Absenkung der Riester-Beitragsgarantie beispielsweise hält er für komplett falsch und auch an dem Dogma der lebenslangen Rentenleistung könnte man seiner Meinung nach drehen.