„Unternehmen sollten ihre Pensionszusagen jährlich prüfen“
Hans von Maltzahn:
Makler können mittlerweile auf eine Vielfalt an bAV-Produkten aller Durchführungswege zurückgreifen. Das bedeutet mehr Wettbewerb, der sich positiv auf den Leistungsumfang und die Kostenstruktur der Produkte auswirkt. Gleichzeitig wünscht sich eine wachsende Anzahl an Kunden eine weitere Befreiung von Beitragsgarantien. Die Anbieter haben darauf reagiert. Vor zwei Jahren wurde die hundertprozentige Beitragsgarantie unterschritten. Sollte dieser Trend anhalten, haben sowohl sicherheitsbewusste als auch risikofreudige Anleger noch mehr Auswahl. Dann sollte auch die Durchdringungsquote endlich steigen.
procontra:
Vor allem in kleinen und mittleren Betrieben ist die Durchdringung relativ gering. Wie ließe sich die Abschlussbereitschaft sonst noch erhöhen?
von Maltzahn:
Arbeitgeber schreckt der hohe Verwaltungsaufwand in der bAV ab. Wir überwinden diese Hürde, indem wir Arbeitgebern den größten Teil des bürokratischen Aufwands abnehmen. Ohnehin sind wir während des gesamten Prozesses an der Seite der Arbeitgeber: Wir beraten zur Produktauswahl und des passenden Durchführungsweges.
In Abstimmung mit den Arbeitgebern gehen wir anschließend in individuelle Beratungen mit den Mitarbeitenden vor Ort oder digital. Auch die Versicherer stellen immer mehr digitale Self-Service-Angebote für die Endkunden zu Verfügung. Dies ist der einzige Weg, um Vorbehalte gegen die bAV abzubauen und für eine größere Marktdurchdringung zu sorgen.
procontra:
Bei den Konzernen sind die Pensionsverpflichtungen zu mehr als 80 Prozent durch Rückstellungen beziehungsweise Planvermögen gedeckt. Wie ist der Deckungsgrad im Mittelstand?
von Maltzahn:
Tatsächlich haben in den letzten Jahren Mittelstand und Konzerne Beiträge im Milliardenbereich zurückgestellt. Aber das wird mit Blick in die Zukunft voraussichtlich nicht reichen. Auf die Unternehmen kommen weitere hohe Verpflichtungen zu. Das gerade die Boomer-Jahrgänge ab jetzt in Rente gehen, vereinfacht die Situation nicht gerade.
Wir raten Unternehmen daher dringend, ihre Pensionszusagen jährlich zu prüfen und sich gegebenenfalls Expertise an die Seite zu holen, um einer Unterdeckung vorzubeugen oder diese überhaupt erst festzustellen.
procontra:
Aber der aktuell hohe Deckungsgrad zeigt doch, das System funktioniert. Greift der Vertrieb dieses Argument auf?
von Maltzahn:
Ja, klar. Bei Durchführungswegen, wie der Direktversicherung oder der Unterstützungskasse, sehen wir heute sogar eine hundertprozentige Deckung. Diese Produkte berühren die Bilanzen nicht. Das überzeugt auf Sicherheit bedachte Arbeitgeber, die vor hohen Pensionsverpflichtungen Bedenken haben, und Arbeitnehmer.
Zu klären ist im Rahmen der Beratung also immer, ob bereits Pensionsverpflichtungen auf Seiten des Arbeitgebers bestehen. Falls ja, liegt ein anderes Problembewusstsein auf Seiten der Unternehmen vor, da sich Zinsschwankungen auf den Deckungsgrad auswirken. Sinkt das Zinsniveau, sinkt tendenziell auch die Ausfinanzierung und umgekehrt.
Aktuell gibt es wieder Zinsen. Nur wenn das Zinsniveau irgendwann mal wieder anhaltend niedrig bleibt, droht eine Deckungslücke. Eine gute bAV-Beratung wirkt dem entgegen, indem das Portfolio entsprechend aufgebaut wird.
procontra:
Lässt sich der aktuell hohe Deckungsgrad nicht sichern und unabhängiger von Marktverwerfungen machen?
von Maltzahn:
Um das System unabhängiger von Marktverwerfungen zu gestalten, müsste der Gesetzgeber aktiv werden und Deckungsgrade per Gesetz vorschreiben, wie dies zum Beispiel in Großbritannien der Fall ist. Dies würde jedoch gerade Mittelständer massiv überfordern und zu Insolvenzen führen.
Mittelfristig ist hier kein steuerndes Eingreifen zu erwarten. Bleibt also die Selbstverpflichtung der Unternehmen, die solide wirtschaften müssen. Bislang zumindest muss der Pensionssicherungsverein noch zu häufig einspringen. Da sind sich alle Beteiligten einig.
procontra:
Viele Reformen der Betriebsrente hatten zum Ziel, die Verbreitung zu erhöhen. Nun bereitet das Arbeitsministerium ein weiteres Maßnahmenpaket vor. Welchen Wunsch hätten Sie als Maklerunternehmen an die Regierung?
von Maltzahn:
Beispielsweise könnten die Beiträge des Arbeitgebers vollständig sozialversicherungsfrei gestellt werden. Auf diese Weise würden etliche Arbeitgeber erst in die Lage versetzt, ihren Mitarbeitenden bAV anbieten zu können. Darüber hinaus spielt Internationalisierung in einer globalisierten Arbeitswelt für die meisten Mittelständer eine wichtige Rolle.
Bislang können Unternehmen selbst Arbeitnehmenden aus anderen EU-Ländern keine passgenauen bAV-Angebot unterbreiten. Ausländische Arbeitskräfte in Deutschland können ihr bAV nicht im Heimatland fortführen und umgekehrt Deutsche nicht im Ausland. Zudem ist bAV für Arbeitgeber zu komplex: So sind beispielsweise die ersten vier Prozent des Beitrages steuer- und sozialversicherungsfrei, während die nächsten vier Prozent nur steuerfrei sind.
Da sich Gehälter oder auch die Beitragsbemessungsgrenze jährlich ändern, müssen bAV-Verträge permanent angepasst werden. Wünschenswert wäre also eine deutliche Vereinfachung des gesetzlichen Rahmens. Das freilich ist sehr unwahrscheinlich. Umso wichtiger bleibt für Arbeitgeber die Wahl eines passgenauen Dienstleisters und Versicherungsmaklers, der die Arbeitgeber langfristig und verlässlich unterstützt.
Immer mehr Kunden wünschen sich eine weitere Befreiung von Beitragsgarantien.Hans von Maltzahn, Senior Manager bei Hoesch & Partner