Was taugt der Alte Leipziger BU-Tarif "BV 10" mit neuer Psyche-Klausel?
Was leistet der Tarif?
Die Alte Leipziger bietet mit dem Tarif BV 10 seit Langem eine leistungsstarke BU-Versicherung an. Technisch ist der Tarif gut ausgestaltet, der natürlich auf eine abstrakte Verweisung verzichtet und einen Prognosezeitraum von sechs Monaten vorsieht. Es wird immer rückwirkend zum Beginn der BU geleistet und Anerkenntnisse im Leistungsfall sind immer unbefristet.
Dazu gibt es eine sehr gute Arbeitsunfähigkeitsklausel, umfangreiche Nachversicherungsgarantien bis zu 50 Jahren, eine Teilzeitklausel sowie eine Verlängerungsoption bei der Verlängerung der Regelarbeitszeit in der gesetzlichen Rente oder den Versorgungswerken. Neben einer Infektionsklausel leistet die Alte Leipziger auch bei Vorsatz im Straßenverkehr.
In der Nachversicherung gibt es tatsächlich keine erneute Risikoprüfung – somit wird auch nicht nach dem aktuellen Beruf, dem Gesundheitszustand, Hobbys, dem BMI oder geplanten Auslandsaufenthalten gefragt. Eine Ausnahme gibt es nur für Schüler, bei denen nach dem Beruf gefragt wird. Die Angemessenheitsprüfung passt zu den guten sonstigen Rahmenbedingungen: Es können ⅔ des durchschnittlichen Arbeitseinkommens bis zu der Beitragsbemessungsgrenze versichert werden – plus ⅓ des darüber hinausgehenden Betrages. Grundlage ist das durchschnittliche Arbeitseinkommen bzw. bei Selbstständigen der Gewinn der letzten drei Jahre.
Die Beiträge sind in vielen Berufsgruppen bei der Alte Leipziger günstig und liegen unter den Top 5- bis Top 10-Anbietern. Dazu kommt ein geringer Spread und damit ein geringes Verteuerungsrisiko für den Kunden.
Was sind die Stärken?
Viele der Stärken finden sich bereits in der vertraglichen Ausgestaltung des Tarifs. Wir wollen den Fokus hier auf die neue Psyche-Klausel lenken. Darunter versteht die Alte Leipziger die Möglichkeit für Kunden, trotz psychischer Vorerkrankungen einen Schutz für den Fall der Berufsunfähigkeit abzuschließen. Statt Rückstellungen auszusprechen und temporär keinen BU-Schutz anzubieten, will die Alte Leipziger vielen vorerkrankten Kunden zu einem BU-Schutz verhelfen.
Formuliert ist die Psyche-Klausel so:
„Folgende gesundheitliche Beeinträchtigung ist nicht mitversichert:
Psychische und psychosomatische Erkrankungen einschließlich eventuell eintretender Folgen. Treten nach Beginn des Versicherungsschutzes ein Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson oder eine Demenz auf, besteht hierfür jedoch Versicherungsschutz."
Und angewendet wird sie bei Anträgen mit folgenden Diagnosen:
● Probatorische Sitzungen ohne Therapieindikation: Gemeint sind erste „Probesitzungen“ vor dem eigentlichen Beginn einer Psychotherapie
● Arbeitsunfähigkeit (AU) oder Therapie aufgrund eines Trauerfalls: Bei maximal 10 Arbeitstagen ununterbrochener AU und bei bis zu 12 Psychotherapiesitzungen
● Arbeitsunfähigkeit bei Studenten mit Prüfungsangst oder -stress: Bei maximal 10 Arbeitstagen ununterbrochener AU ohne Indikation für eine Psychotherapie
● Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Arbeitsplatzkonflikts /-wechsels oder Mobbing: Bei maximal 10 Arbeitstagen ununterbrochener AU ohne Indikation für eine Psychotherapie
● Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Kombination mehrerer privater Belastungen: Bei maximal 10 Arbeitstagen ununterbrochener AU ohne Indikation für eine Psychotherapie
Ergänzend bietet die Alte Leipziger die Möglichkeit, eine Nachschau vorzunehmen, die zum Wegfall der Klausel führen kann. Möglich ist das in folgenden Fällen:
● Frühestens 12 Monate nach Behandlungs- und Beschwerdefreiheit bei bis zu 5 probatorischen Sitzungen
● Frühestens 36 Monate nach Behandlungs- und Beschwerdefreiheit bei Mobbing
● Frühestens 24 Monate nach Behandlungs- und Beschwerdefreiheit in den restlichen durch die Ausschlussklausel abgedeckten Fällen
Die Nachschau muss der Kunde selbst anstoßen
Die Psyche-Klausel ist tatsächlich ein guter und richtiger Ansatz, den Betroffenen Schutz nicht komplett zu verwehren, was heute immer noch der Fall ist. So erklärt auch die Alte Leipziger auf Nachfrage: „Im Rahmen der Einführung unserer neuen Psyche-Klausel in der BU haben wir unsere Vertriebspartner in Webinaren umfassend über die Neuerung informiert. Das Feedback darauf war sehr positiv; die Vermittler nehmen die Klausel als wichtigen neuen Vertriebsansatz wahr.“
Bei den von der Alte Leipziger aufgegriffenen Diagnosen ist es in Einzelfällen sicherlich möglich, Schutz auch komplett ohne Ausschlussklausel zu bekommen – die Klausel gibt aber eine verlässliche Sicherheit, BU-Schutz mit der Möglichkeit zur Nachschau bei bestimmten Erkrankungen zu bekommen. Auch andere Versicherer gehen dieses Thema ja proaktiv an und es ist davon auszugehen, dass der Markt hier noch mehr in Bewegung kommen wird.
Zusätzlich hat die Alte Leipziger eine Beitragspause von bis zu 24 Monaten neu eingeführt – bei vollem Versicherungsschutz. Der Kunde kann wählen, ob er nach der Beitragspause den Beitrag bei gleichen Versicherungsleistungen nachzahlt oder ob er einfach den vertraglich vereinbarten Beitrag weiterzahlt und dafür eine verringerte Versicherungssumme in Kauf nimmt. Eine weitere Neuerung hat die Alte Leipziger vorgestellt: die Gesundheitsservices mit einem Fokus auf mentale Gesundheit. Die Alte Leipziger erklärt dazu: “Das Spektrum der kostenfreien, freiwilligen Gesundheitsservices ist auf das Feld mentaler Gesundheit ausgerichtet und geht über die vertraglichen Leistungen hinaus. Es umfasst sowohl Prävention als auch Unterstützung bei Krankheit. Zum Beispiel lässt sich die oft langwierige und aufwendige Suche nach Psychiatern, Psychotherapeuten oder Psychologen mithilfe des Terminservices von MD Medicus deutlich abkürzen.” Im Sinne der Kunden ist es sicherlich ein guter Ansatz, den Fokus auf Unterstützung zu richten, bevor überhaupt ein Leistungsfall eintritt.
Was ist bei dem Produkt kritisch zu sehen?
Auch eine wirklich gute Berufsunfähigkeitsversicherung wie die der Alte Leipziger bietet natürlich Optimierungspotenzial. Zunächst einmal sehen viele Vermittler die geringe Nachversicherungsmöglichkeit von maximal 1.000 Euro als echtes Hemmnis – vor allem, wenn die Alte Leipziger als einzige Absicherung genutzt wird. Zwar gibt es einige Ausnahmen dazu – etwa für Berufseinsteiger, auf die die Alte Leipziger auf Nachfrage auch verweist -, aber das haben andere Anbieter mittlerweile über Karrieregarantien deutlich besser gelöst: Dort sind Rentensteigerungen auf eine Summe im Bereich von 6.000 Euro plus X möglich.
Bei einem Berufswechsel sehen die Bedingungen tatsächlich vor, dass eine Besserstellung durch eine günstigere Berufsgruppe von einer erneuten Risikoprüfung abhängig gemacht werden kann. Damit müsste jemand, der das nutzen will, ggf. eine Prüfung des Gesundheitsstatus und aller weiteren Risikofaktoren über sich ergehen lassen. In dem Zusammenhang ist es natürlich auch für Schüler von Nachteil, dass bei der Nachversicherung ebenfalls eine Risikoprüfung stattfindet.
Fragen zum Gesundheitszustand haben es in sich
Sorgen bereiten tatsächlich auch die Fragen zum Gesundheitszustand bei Vertragsschluss. Auf den ersten Blick erscheint der Abfragezeitraum von drei Jahren sehr attraktiv, aber im Detail haben es die Fragen in sich. So fragt die Alte Leipziger im Antrag nach Krankheiten oder Beschwerden, für die der Antragsteller keinen
Arzt, Psychologen, Heilpraktiker, Therapeuten (Osteopathen, Physiotherapeuten, Krankengymnasten) oder anderen nichtärztlichen Therapeuten aufgesucht hat. Diese Frage geht zu weit und kann dem Antragssteller auf die Füße fallen, wenn der Jahre später bei einem Arztbesuch irrtümlich den Beginn von Beschwerden in diesem Zeitraum verortet und das aktenkundig wird.
Zusätzlich fragt die Alte Leipziger zum gesamten (insgesamt schon sehr umfassenden) Fragenkatalog zusätzlich noch nach Beratungen, Behandlungen, Untersuchungen in den vergangenen 3 Jahren von Ärzten, Psychologen, Heilpraktikern, Therapeuten (Osteopathen, Physiotherapeuten, Krankengymnasten) oder anderen nichtärztlichen Therapeuten. Welche Erkrankungen sollen dort noch auftauchen?
Diese tendenziell etwas „inquisitorischen Abfragen" sind für das Kollektiv natürlich super, wie auch die Alte Leipziger klarmacht: „Wir verfolgen in unserer BU eine individuelle und seriöse Risikoprüfung, um die Risiken in unserem Versichertenbestand realistisch kalkulieren zu können. [… ] Damit können wir sicherstellen, dass wir unseren Kunden während ihrer gesamten Vertragslaufzeit, die oft über mehrere Jahrzehnte andauert, stabile Beiträge garantieren können. Wir sehen im Markt immer wieder Anbieter, die mit stark vereinfachten Gesundheitsfragen werben. Für die Versichertengemeinschaft ist das schädlich, denn letztlich trägt das Kollektiv die Risiken des Einzelnen.“ Für den einzelnen Antragssteller können die Fragen aber abschreckend wirken.
Wer ist die Zielgruppe?
Alle Verbraucher, die auf der Suche nach einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit einem ausgezeichneten Bedingungswerk sind.
Tipps für die Vermittlung
Die grundsätzlich guten Versicherungsbedingungen und die Ausgestaltung der BU machen die Alte Leipziger in der Vermittlung zu einer sicheren Bank. Die Nachversicherungsgarantie sollte unbedingt mit dem Kunden erörtert werden – die Alte Leipziger ist mit dem am Markt eher geringen Volumen für Nachversicherungen hauptsächlich bei Akademikern und Gutverdienern ideal für eine Zweivertragslösung, um mehr Spielraum bei der Nachversicherung zu bekommen. Die Nachschau zur Psyche-Klausel sollte der Vermittler immer proaktiv anstoßen.
Das Fazit: 8 von 10 Sternen
Interessanter und innovativer BU-Schutz mit kleinen Schönheitsfehlern
Insgesamt eine gute BU, die die Alte Leipziger auf dem Markt hat. Die Psyche-Klausel eröffnet vielen Interessenten mit einer entsprechenden Gesundheitshistorie vielleicht einen bisher verwehrten Zugang zur Arbeitskraftabsicherung, aber psychische Erkrankungen sind eben auch nur einer von vielen Leistungsauslösern. Kunden und Vermittler sollten die Gesamt-Absicherung mit allen Leistungsauslösern nicht aus dem Blick verlieren. Insgesamt wird die Alte Leipziger aber sicherlich mit der BU weiterhin eine gute Rolle am Markt spielen.