Riester-Rente: Besser aufrüsten als abwracken

Die Riester-Rente ist besser als andere Vorsorgeformen. Sie erreicht alle Einkommensgruppen und erzielt ordentliche Renditen, zeigt eine neue Studie. Sie empfiehlt dennoch gezielt dringende Reformschritte. Am Ende soll jeder eine Riester-Rente abschließen können.

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06:07 Uhr | 09. Juli | 2019
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Die Riester-Rente ist deutlich besser als ihr Ruf. Eine Auswertung von 23.500 Verträgen 2018 ergab 3,4 Prozent Rendite nach Kosten und Steuern. Bild: DIA/IVFP

Rund 17 Jahre nach ihrer Einführung ist die Riester-Rente hinsichtlich Rentabilität, Marktdurchdringung, gewünschter Kundengruppen sowie Verbreitung ein Erfolg. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Die Riester-Rente: ‚Abwracken‘ oder ‚Aufrüsten‘?“, die im Auftrag der DWS Group und des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) erstellt wurde. Das Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) hat darin empirische Ergebnisse zur Verbreitung und Rentabilität vorgelegt und Reformvorschläge zur Verbesserung der Riester-Rente untersucht.

Ergebnis: Die Riester-Rente erreicht alle Bevölkerungsgruppen in sehr ausgeglichener Weise. Rund 55 Prozent der Förderberechtigten verdienen bis zu 30.000 Euro brutto pro Jahr. Nur 16 Prozent liegen oberhalb der Einkommensgruppe von 50.000 Euro, 28 Prozent verdienen zwischen 30.000 und 50.000 Euro.

Insbesondere Frauen sind in der Einkommensgruppe bis 20.000 Euro überproportional vertreten (80 Prozent). „Somit kann nicht behauptet werden, dass insbesondere Gutverdiener von der staatlichen Förderung profitieren“, stellt Michael Hauer, Geschäftsführer des IVFP, klar. Somit sei Riester-Rente ist – wie politisch ursprünglich gewollt – „das Instrument der privaten Altersvorsorge für alle Einkommensklassen“, betont Hauer, der auch eine Professur für Finanzmärkte und Financial Planning an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden besitzt.

Abwracken wäre falsches Signal

Die Riester-Rente liefere gute Renditen und sei besser verbreitet als andere Vorsorgeformen, ergab die Studie. Aus der anonymisierten Auswertung von rund 23.500 Verträgen errechnet das IVFP jährlich den Riester-Rendite-Index. Der Index stellt für einen Musterfall die durchschnittliche Nettorendite nach Kosten, Förderung und Besteuerung dar. Dieser ergibt für das Jahr 2018 eine Rendite von 3,4 Prozent nach Kosten und Steuern (siehe Grafik oben).

Für die Renditeberechnung werden reale Zahlungsströme untersucht (Einzahlungen während der Ansparphase und bereits realisierte Auszahlungen in der Rentenphase, fortgeschrieben bis zum statistischen Lebensende). Für den Index wird die Lebenserwartung auf Basis der Sterbetafel DAV 2004R (2. Ordnung) berechnet. Als Steuersatz in der Ansparphase wird der Grenzsteuersatz eines Durchschnittsverdieners unterstellt (2018: 34 Prozent). Für die Rentenphase werden 70 Prozent davon angenommen (2018: 24 Prozent).

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Break-Even mit 78 Jahren

Neben einer Renditekennziffer nimmt das IVFP Break-Even-Berechnungen vor. Dabei wird ermittelt, wann die Nettoleistungen (Rente nach Steuer) den Nettoaufwand/-einzahlungen (Eigenbeitrag nach Steuerersparnis) übersteigen. Unter der Annahme des Musterfalls übersteigen die gezahlten Netto-Renten die geleisteten Netto-Beiträge nach durchschnittlich 14 Jahren in der Rentenphase. Dies entspricht einem Durchschnittsalter von 78 Jahren im untersuchten Riester-Kollektiv. Dann ist die Gewinnzone erreicht.

Die durchschnittliche Lebenserwartung im Kollektiv beträgt 89 Jahre bei Verwendung der genannten Sterbetafel. Demnach profitieren sehr viele Kunden, die diese statistische Lebenserwartung erreichen oder übertreffen, noch elf Jahre lang von der jährlich steigenden Riester-Rendite.

Musterfall: Mehr Riester-Rente als gesetzliche Rente

Auf Basis anonymisierter Daten von über 14.000 Riester-Verträgen von drei Riester-Anbietern, die bereits in der Auszahlphase sind, wurde die Riester-Rentenhöhe eines Standardrentners (gemäß Rentenversicherungsbericht) für unterschiedliche Kohorten ermittelt. Für die Kohorte Versicherungsbeginn 2002, Rentenbeginn 2017 und Rentenstart mit 65 beträgt die durchschnittliche Rentenhöhe eines Standardrentners etwa 88 Euro. Zum Vergleich: Die Prognose für einen Standardrentner derselben Kohorte beträgt in der gesetzlichen Rentenversicherung nur etwa 84 Euro.

„Unsere Studienergebnisse und die Tatsache, dass sich 16,6 Millionen Sparer für die Riester-Rente entschieden haben, unterstreichen den Erfolg dieser Vorsorgeform“, sagt Hauer. Zum Vergleich: Es gibt 15,1 Millionen freiwillig bAV-Versicherte (neben 5,7 Millionen Pflichtversicherten aus der Zusatzversorgung des Öffentlichen Dienstes). „Statt mit neuen Instrumenten, die die Altersvorsorgelandschaft in Deutschland noch komplexer machen, gilt es jetzt, die Riester-Rente sinnvoll zu reformieren“, so Hauer weiter (procontra berichtete).

Aufrüsten: Dringender Reformbedarf

Fördersystematik und laufende Verwaltung müssten deutlich vereinfacht werden. Ebenso sollte die obligatorische Beitragsgarantie flexibilisiert und den Kunden die Wahlmöglichkeit gegeben werden, in chancenreichere Produkte zu investieren. Nach wie vor gäbe es aufgrund der verpflichtenden Beitragsgarantie eine viel zu geringe Tarifauswahl und -vielfalt in der Riester-Rente. Sinnvoll sei auch eine Dynamisierung der Förderung (procontra berichtete).

Kern des Reformvorschlags ist die Abschaffung von unmittelbarer und mittelbarer Förderung. Wer in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig oder sozialversichert ist, soll förderberechtigt sein und neben den Grund- und Kinderzulagen eine Förderung von mindestens 50 Prozent auf jeden Euro Eigenleistung erhalten. Diese würde die bisherige Steuerförderung für Besserverdiener ersetzen und flösse dann in die Verträge statt wie bisher auf das Girokonto.

„Im Ergebnis sollten die Riester-Renten zwischen 30 und 38 Prozent steigen“, sagte Frank Breiting, Leiter private Altersvorsorge der DWS Group. Das könnte auch Rückforderungen von Zulagen weitgehend verhindern. Die Studie steht hier zum Download bereit.

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