Kolumne

Private Altersvorsorge ist keine standardisierbare Massenware

Kann ein Musterdepot, das ganz ohne Beratung abgeschlossen wird, für Kunden wirklich sinnvoll sein? AfW-Vorstand Norman Wirth sieht das kritisch.

09:10 Uhr | 09. Oktober | 2024
Norman Wirth

AfW-Vorstand Norman Wirth

| Quelle: AfW

Der Gesetzentwurf zum geförderten Altersvorsorgedepot bringt eine spannende Neuerung mit sich: die Einführung eines Musterdepots, das ohne Beratung abgeschlossen werden könnte. Diese Entwicklung wirft jedoch einige zentrale Fragen auf. Während es durchaus sinnvoll sein kann, den Zugang zu kostengünstigen, transparenten Vorsorgeprodukten zu erleichtern, müssen wir genau hinschauen, was das für den Verbraucher bedeutet.

Die Vorstellung, dass Altersvorsorge einfach und standardisiert über ein beratungsfreies Musterdepot in den Geschmackssorten risiko- oder sicherheitsorientiert abzuwickeln sei, geht am Kern des Themas vorbei. Altersvorsorge ist und bleibt eine individuelle Angelegenheit. Jeder Bürger hat unterschiedliche finanzielle Voraussetzungen, Anlageziele und Lebenspläne. Eine pauschale Lösung kann diese Unterschiede nur schwer erfassen.

Wichtig ist, dass die Möglichkeit der qualifizierten Beratung nicht an den Rand gedrängt wird. Denn es gibt gute Gründe, warum individuelle Beratung ein wesentlicher Bestandteil der Altersvorsorge bleiben muss. Wer in der Altersvorsorge Fehler macht, hat oft keine Chance mehr, diese später zu korrigieren. Das Beratungsmodell stellt sicher, dass Produkte ausgewählt werden, die nicht nur kurzfristig attraktiv erscheinen, sondern auch langfristig zu den Bedürfnissen und Zielen der Menschen passen.

Ein rein standardisiertes Depot ohne individuelle Beratung mag für einige attraktiv wirken, aber es birgt das Risiko, dass zentrale Aspekte wie Risikobereitschaft oder persönliche Lebensumstände nicht ausreichend berücksichtigt werden. Daher mag der Gesetzgeber den Fokus darauf legen, dass die Wahlfreiheit zwischen persönlicher Beratung und einer Standardlösung erhalten bleibt – aber immer mit dem Bewusstsein, dass persönliche Beratung oft den entscheidenden Mehrwert bietet.

Und darüber, dass nach dem aktuellen Wortlaut des Gesetzentwurfes das staatlich geförderte Altersvorsorgedepot mit Aktien eines einzigen Unternehmens befüllt werden könnte, ist mit Sicherheit erst recht noch zu reden!