Kolumne
Zwischen der „Bottom-Up-Analyse“ der Unternehmensanalysten und dem „Top-Down“ der volkswirtschaftlichen Betrachtung kommt es aktuell zu Divergenzen. So stehen die Stimmungen der Analysten teilweise im Widerspruch zur makroökonomischen Entwicklung. Der sehr breite makroökonomische Datenkranz weist auf ein „soft landing“ der US-Wirtschaft hin, während die Einzelwertanalysten erwarten, dass diese gar nicht erst zur Landung kommt, so das auf Medienanalysen spezialisierte Media Tenor.
Beim Thema Staatsschulden ist die Frage, wann sie wieder stärker auf die Stimmung der Anleger schlagen. Die Wahlprogramme von Republikanern und Demokraten in den USA sind in der Summe ausgabenfreudig. Besonders das Lager von Präsidentschaftskandidat Donald Trump scheint sich wenig um Gegenfinanzierungsmaßnahmen zu sorgen. In Großbritannien lässt der Regierungswechsel nicht gerade mehr öffentliche Sparsamkeit erwarten. In Frankreich beginnt nach dem zweiten Durchgang der Wahlen zur Nationalversammlung die Regierungsbildung. Ein Durchmarsch des Rassemblement National wurde verhindert. Wer wie mit wem und zu welchen Konditionen regiert, ist noch offen. Die Erfahrung lehrt jedoch: Je größer der Streit, desto größer die Neigung, die Kosten auf Unbeteiligte, das heißt die kommenden Generationen, zu vertagen. Auch der nächste Vorstoß zur „Reform“ der Schuldenbremse dürfte da nicht lange auf sich warten lassen.
Und in Sachen Risikotragfähigkeit dürften die Risikozuschläge für französische Staatsanleihen ein Warnsignal sein. Je länger die Renditen insgesamt erhöht bleiben, desto teurer wird eine Verschuldung für Staaten. Das ist konsequent und im Interesse der Anleger. Steigende Risikoprämien können aber schnell zu Stimmungstests führen, denn am Ende stellt sich die Frage nach der Finanzierbarkeit.