„Es gibt eine sensationelle Kehrtwende zugunsten der betrieblichen Krankenversicherung (bKV)“, freut sich Andreas Bürse-Hanning, Vorstandschef des Versicherungs- und Finanzmaklers Aures Finanz in Mülheim an der Ruhr. Während das Bundesfinanzministerium (BMF) im Mai noch versuchte, mit einem Referentenentwurf die bKV im Steuergesetz als Barlohn zu manifestieren, kam es inzwischen zur überraschenden Wende: Im Rahmen der 44-Euro-Freigrenze ist die bKV als steuerfreier Sachlohn zu behandeln.
Den Weg frei machte das BMF, indem ein maßgebliches Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. Juni 2018 endlich im Bundessteuerblatt veröffentlicht und auch einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wurde. Zuvor hatte sich das BMF beharrlich geweigert, die bKV als steuerlich begünstigten Sachlohn anzuerkennen (procontra berichtete).
Steter Tropfen höhlte den Stein
Hintergrund: Bis 2013 galten die Beiträge zur bKV als steuerfreier Sachlohn. Das wurde durch den Bundesfinanzhof (BFH) in den Jahren 2010 und 2011 bestätigt. Doch die Urteile passten der Finanzverwaltung nicht: Mit einem Verwaltungserlass setzte sie sich darüber hinweg. Seit 2014 mussten Arbeitgeber daher Steuern und Abgaben zahlen. Diese Benachteiligung hatte der BFH am 7. Juni 2018 aber erneut gekippt und damit das BMF unter Druck gesetzt (procontra berichtete).
Tenor: Gewährt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Krankenversicherungsschutz, so handelt es sich in Höhe der Arbeitgeberbeiträge um Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages nur Versicherungsschutz, nicht aber eine Geldzahlung verlangen kann. Damit ist die Zahlung für den Arbeitnehmer steuerfrei (Az.: VI R 13/16 und VI R 16/17). Aber Vorsicht: Zahlt der Arbeitgeber hingegen einen Zuschuss zur Krankenversicherung nur dann, wenn der Arbeitnehmer mit einem Versicherer seiner Wahl einen Vertrag schließt, dann handelt es sich um Barlohn, weil dann Geld aufgewendet wird. Dies ist nicht steuerfrei.
Sachlohn statt bisher besteuerter Barlohn
Ob Bar- oder Sachlohn vorliegt, ist wichtig für die Freigrenze des Paragrafen 8 Absatz 2 Satz 11 Einkommensteuergesetz. Sachbezüge bis 44 Euro im Monat sind demnach steuerfrei. Entscheidend für die Abgrenzung ist der Rechtsgrund des Zuflusses, der auf dem Arbeitsvertrag beruht, so der BFH. Übernimmt das Unternehmen die Beiträge, könnten diese bis zu einer Freigrenze von 44 Euro im Monat steuerfrei bleiben (procontra berichtete).
„Schließt also der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer für die Mitarbeiter Krankenzusatzversicherungen (bKV) ab und zahlt er die monatlichen Beiträge direkt an den Versicherer, liegt Sachlohn vor“, erklärt Bürse-Hanning. Die BFH-Entscheidung vom 7. Juni 2018 (VI R13/16) wurde am 28. Juni 2019 im Bundessteuerblatt (BStBl II 2019, Seite 371) veröffentlicht und ist für die Finanzverwaltung verbindlich - rückwirkend mindestens bis zum 7. Juni 2018, so der Makler.
Seite 1: Was der Schwenk des BMF für den bKV-Vertrieb bedeutet Seite 2: Umfragen und Angebote zeigen Marktpotenzial
bKV wichtig für Fachkräftebindung
Die bKV ist für viele Arbeitnehmer, die in aller Regel gesetzlich krankenversichert sind, eine einfache Möglichkeit, ohne eigenen finanziellen Aufwand Leistungen der privaten Krankenversicherer zu bekommen. 22 Prozent der Makler machen bKV-Umsätze (2018: 16,7 Prozent), ergab die Studie „Private Kranken- und Pflegeversicherung 2019“ der BBG-Betriebsberatung unter 323 Maklern. Nahezu unverändert seien die Top-3-Anbieter aus Sicht der Makler: Hallesche, Süddeutsche (SDK) und Allianz.
70 Prozent der Arbeitnehmer halten die bKV für gut oder notwendig, ergab eine Umfrage des Portals mobileJob. Doch nur sechs Prozent der Befragten geben an, dass ihr Arbeitgeber solche Angebote unterbreitet (procontra berichtete). Die brandaktuelle procontra-Umfrage „Maklers Lieblinge 2019“ zeigt, dass Makler am liebsten mit der Halleschen (31 Prozent) zusammenarbeiten. Es folgen Allianz (17,9 Prozent), HanseMerkur (11,9 Prozent), Barmenia und SDK (procontra berichtete).
Nach Angaben des PKV-Verbandes boten Ende 2018 rund 7.700 Unternehmen ihren Mitarbeitern eine bKV an - eine Verdopplung in nur drei Jahren. Über 757.000 Beschäftigte kämen dadurch bereits in den Genuss zusätzlicher Gesundheitsleistungen. Und immer mehr Arbeitgeber nutzen sie als erfolgreiches Instrument, um Fachkräfte zu gewinnen.
Neuigkeiten aus den Unternehmen
Beispiel Allianz-PKV: Das Unternehmen bietet mit Einheitsbeiträgen übersichtliches und einfaches Handling, für Vermittler auch eine einfache Angebotserstellung. Hintergrund: Mit Einheitsbeiträgen benötigt man nur die Anzahl der Mitarbeiter, aber keine Altersstruktur; außerdem können alle Bausteine beliebig kombiniert werden.
Der Maklerpool BCA hat kürzlich in einem Sonderheft „bAV und bKV“ aktuelle bKV-Angebote aufgelistet, darunter von Barmenia, Gothaer, Hallesche, SDK und Versicherungskammer Bayern. Apropos Gothaer: Das Unternehmen hat bereits im Juli eine Beitragsgarantie für die bKV bis Ende 2020 ausgesprochen.
Axa hat im September das Serviceangebot ausgebaut, um eine ganzheitliche Beratung der Versicherten im Gesundheitsmanagement zu gewährleisten. So könnten mobile Labore umfassende Check-ups direkt bei den Unternehmen vor Ort durchführen, wobei die Ergebnisse nur den Mitarbeitenden zugänglich gemacht werden; der Arbeitgeber erhält keinerlei individualisierte Daten, erläutert Axa.
Seite 1: Was der Schwenk des BMF für den bKV-Vertrieb bedeutet Seite 2: Umfragen und Angebote zeigen Marktpotenzial