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Was taugt der „Vitalbudget“ der Württembergischen?

Budgettarife wurden bisher immer in der bKV-Welt verortet, jetzt sind sie aber auch im klassischen Endkundengeschäft angekommen. Etwa der neue „Vitalbudget Premium“ der Württembergischen, den wir einem Check unterzogen haben.

10:10 Uhr | 08. Oktober | 2024
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| Quelle: procontra

Der Tarif „Vitalbudget Premium“ ist ein Miteinander vieler Bausteine im Krankenzusatzbereich:

Ambulant

  • Kostenerstattungen für Vorsorgeuntersuchungen (inkl. Präventionskurse), Schutzimpfungen, Arznei- und Verbandsmittel, Heil- und Hilfsmittel, GKV-Zuzahlungen sowie Naturheilverfahren und Sehhilfen bis jeweils zu 200 Euro.

Stationär

  • Kostenerstattung für eine freie Krankenhauswahl sowie die Zuzahlungen.

Zahn

  • bis zu 80 € pro Kalenderjahr für Prophylaxe inklusive professioneller Zahnreinigung. Zusätzlich kann das Budget auch für Zahnbehandlungen, Aufbissbehelfe, Zahnschienen, spezielle Schmerzausschaltungen, Kieferorthopädie für Kinder sowie für Erwachsene nach einem Unfall und für einen Zahnersatz verwendet werden.

Vorsorge-Check-Ups

  • Budgetverwendung für alle vier Module (Gefäß-, Herz-, Physio- und Vital Fit). Mit den Gesundheitsservices profitieren Kunden von einer Onlinesprechstunde, Gesundheits-/Erschöpfungsprävention, 24h-Gesundheitstelefon und Informationen zu Vorerkrankungen. Die Höhe des Budgets kann zwischen 600 und 1.200 Euro festgelegt werden, das bei unterjährigem Abschluss entsprechend gekürzt wird. Bei 600 Euro Budget reichen die Beiträge von 23,18 Euro bis 36,03 Euro, bei 1.200 Euro Budget liegt die Spanne der Beiträge zwischen 29,05 Euro und 61,08 Euro. Die Beiträge sind bis Ende 2026 garantiert.

Was sind die Stärken?

Der Kunde kann mit seinem Budget eine große Bandbreite an Leistungen abdecken – vorwiegend im ambulanten und dentalen Bereich. Außerdem stehen zahlreiche Möglichkeiten zum Thema Prävention offen.

Was ist kritisch zu sehen?

Auffällig ist die Relation zwischen Beitrag und Budget, die in ein Missverhältnis abzurutschen droht – primär in den Beitragsklassen für ältere Versicherte. Wer über 50 ist und den Tarif mit 1.200 Euro Budget nutzt, zahlt dafür im Jahr rund 650 Euro. Zehn Jahre später sind es 732 Euro. Hier steht weniger ein Versichertengedanke Pate, sondern eher ein klassisches Geld-Tauschgeschäft. Die Württembergische erklärt dazu, dass das Vitalbudget ein Produkt für eine breite Bevölkerungsgruppe sei: Im Rahmen der Beitragspolitik möchte man ein langfristig beitragsstabiles Produkt anbieten. Für Kunden, die ihr Budget aktiv nutzen und einsetzen, sei die Beitragsgestaltung nach Einschätzung der Württembergischen sehr attraktiv.

Keine Kopplung mit Zahnzusatz

Schwer zu verstehen, dass der Tarif nur dann abgeschlossen werden kann, wenn die Kunden auf den Abschluss einer privaten Zahnzusatzversicherung verzichten, denn der Tarif darf nicht mit einer solchen Police gekoppelt werden. Die Württembergische erklärt das damit, dass bei der Produktgestaltung die Kundenbefragungen gezeigt hätten, dass der Wunsch nach Zahn-Leistungen innerhalb des Budgets bestehe. Zudem verweist man darauf, dass Kunden, die einen umfassenderen Zahnzusatzversicherungsschutz wünschen, in der Kombination von „Mein Vitalbudget Komfort“ und den Zahnzusatztarifen die passende Lösung fänden.

Auffällig sind auch die Sublimits bei einigen Leistungen. Brille und Heilpraktiker sind maximal bis zu 200 Euro im Jahr erstattbar, die Zahnreinigung bis zu 80 Euro. Die Württembergische verweist auf Nachfrage, dass das Vitalbudget eine sinnvolle Ergänzung zur gesetzlichen Krankenversicherung biete. Einige gesetzliche Krankenkassen würden die professionelle Zahnreinigung oder auch Osteopathie-Behandlungen im Rahmen ihrer Satzungsleistung bereits erstatten oder bezuschussen.

Das überzeugt nicht wirklich, zumal solche Leistungen der Kassen freiwillig sind und jederzeit gestrichen werden können und gerade deswegen Zusatzversicherungen abgeschlossen werden.

Wer ist die Zielgruppe?

Der Budgettarif ist so gestaltet, dass vor allem jüngere Menschen und junge Erwachsene davon profitieren dürften.

Tipps für die Vermittlung

Die aufgeführten Nachteile sollten mit interessierten Kunden gut besprochen und dokumentiert werden. Auffällig ist auch, dass eine sehr umfangreiche Gesundheitsprüfung für einen eher überschaubaren Leistungsanspruch stattfindet – die Württembergische verweist zwar darauf, dass die zehn Jahre Abfragezeitraum lediglich für Hochrisikodiagnosen gelten. Allerdings werden fünf Jahre rückwirkend alle stationären, psychologischen oder psychotherapeutischen Behandlungen bzw. Untersuchungen sowie ambulante Operationen abgefragt – außerdem wird nach fehlenden Zähnen und Zahnfleischerkrankungen in den vergangenen 24 Monaten gefragt. In der Vermittlung könnte das zu einem Hemmschuh werden.

Das Fazit (4 von 10 Sternen)

Budgettarife in der bKV leben davon, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer aus einer Gehaltserhöhung ein attraktives Paket mit einer Zusatzversicherung schafft. Deren Wert kann immens sein, während von der Gehaltserhöhung meist gerade mal 30 Euro beim Mitarbeiter ankommen. Dieser Vorteil fehlt bei einer privaten Absicherung, vor allem, wenn das Leistungsspektrum auch eher einen knappen Rahmen bietet.