Wie Beitragssprünge in der PKV in Zukunft vermieden werden sollen
Die Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) sind aufgrund ihrer Sprunghaftigkeit für viele Versicherte ein Ärgernis. Zwar stiegen die Beiträge seit 2013 pro Jahr durchschnittlich nur um 2,8 Prozent und somit laut Berechnungen des PKV-Verbands geringer als in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Für einige Versicherte in bestimmten Tarifen fielen die Beitragsanpassungen jedoch wesentlich höher aus – bei einigen Versicherern und Tarifen lagen sie in den vergangenen Jahren teils bei über 20 Prozent.
Eine solche Erhöhung zieht dem Betroffenen natürlich erst einmal den Boden unter den Füßen weg und sorgt für Ärger. Dabei liegt die Vehemenz so mancher Beitragsanpassung auch in der dahintersteckenden Mechanik begründet. Versicherer können ihre Beiträge nur dann anheben, wenn ein sogenannter auslösender Faktor eintritt. Vereinfacht gesagt: Nur wenn die zu erwartenden Versicherungsleistungen die kalkulierten Leistungen überschreiten oder sich die Sterbewahrscheinlichkeit der Kunden ändert, dürfen die Versicherer ihre Beiträge anpassen – und auch nur dann, wenn die Abweichungen einen bestimmten Schwellenwert überschreiten.
Liegen die Mehrausgaben des Versicherers unter diesem Schwellenwert, bleibt die Beitragsanpassung aus. Es kommt jedoch im jeweiligen Tarif über die Jahre zu einer Art Renovierungsstau, der sich im Falle der Überschreitung des Schwellenwerts schlagartig auflöst. Die Folge: hohe Beitragsanpassungen für den Kunden, schlechte Presse für den Versicherer.
Nun haben sich die deutschen Versicherungsaktuare, genauer der Ausschuss Krankenversicherung der Deutschen Aktuarvereinigung, der Thematik angenommen. In der neuen Ausgabe ihrer Zeitschrift „Aktuar Aktuell“ legen sie einige Vorschläge dar, wie sich Beitragsanpassungen verstetigen lassen, so dass sie für die Kunden moderater ausfallen.
1.) Faktor Zins soll auslösender Faktor werden
Neben den oben genannten auslösenden Faktoren sprechen sich die Versicherungsmathematiker dafür aus, dass auch Veränderungen beim Rechnungszins eine Beitragsanpassung auslösen können. Dieser habe zwar einen großen Einfluss auf die Beitragshöhe, könne bislang aber nicht gesondert, sondern nur beim Eintreten eines auslösenden Faktors“, angepasst werden. „Bei einer Prämienanpassung kumulieren sich dann die Effekte aus den gestiegenen Leistungsausgaben und gegebenenfalls weiteren Parametern, was überproportionale Beitragserhöhungen für die Versicherten bedeutet“, bemerken die Aktuare in ihrem Text. Sie präferieren, dass der Zins gesondert betrachtet werden kann, so dass Veränderungen an den Kapitalmärkten zeitnah an die Kunden weitergegeben werden können.
2.) Altersvorsorge beim Tarifwechsel
Wer bei seinen PKV-Beiträgen sparen möchte, kann innerhalb seines Versicherers in einen leistungsschwächeren Tarif wechseln. Verringert sich bei dem Wechsel die Prämie aber zu stark, kann dies später zu „sehr hohen prozentualen Beitragssteigerungen führen“, warnen die Aktuare. Ihr Vorschlag: Die Ersparnisse durch einen Tarifwechsel werden nicht vollständig in Form geringerer Beiträge an den Kunden weitergegeben. Stattdessen werden sie zurückgehalten, um künftige Beitragsanpassungen abzufedern.
3.) Flexibilisierung des gesetzlichen Prämienzuschlags
Seit dem Jahr 2000 zahlen Kunden zwischen dem 21. und 60 Lebensjahr der privaten Krankenversicherung einen Zuschlag in Höhe von zehn Prozent auf seine Prämie. So sieht es Paragraph 149 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) vor. Das hierbei angesparte Geld soll dabei helfen, die Beiträge im Alter stabil zu halten. Da die Versicherer aufgrund der zuletzt niedrigen Zinsen jedoch weniger Kapitalgewinne erzielen konnten und die Beitragsverstetigung durch die steigende Lebenserwartung der Menschen zunehmend unter Druck gerät, wünschen sich die Aktuare beim Zuschlag mehr Flexibilität.
Je nach Alter des Versicherungsnehmers sollen die Versicherer in der Lage sein, dessen Höhe und Zahldauer flexibel zu bestimmen. Zugleich sollen sie auch die Möglichkeit bekommen, die hier aufgebaute Rücklage bereits vor Erreichen des 65. Lebensjahres des Kunden zu verwenden.
4.) Standardtarif für alle
Um Älteren die Möglichkeit zu bieten, ihre Beiträge im Alter zu reduzieren, gibt es seit 1994 den sogenannten Standardtarif, der dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Das Problem dabei: Der Standardtarif steht nur denen offen, die vor dem 1. Januar 2009 in die private Krankenversicherung eingetreten sind. Alle anderen können nur in den sogenannten Basistarif wechseln, der jedoch deutlich teurer ausfallen kann als der Standardtarif – auch, weil die Versicherer hier alle Menschen, unabhängig von Gesundheitszustand und Alter, aufnehmen müssen. Die Aktuare plädieren deshalb dafür, den Wechsel in den Standardtarif auch Kunden, die nach 2009 in die PKV gewechselt sind, zu ermöglichen.