Urteil

Vermittler dürfen sich nicht als „unabhängig“ darstellen

Zwei Klagen des Verbraucherzentrale Bundesverbands könnten für Vermittler wegweisende Folgen haben: Nach dem Urteil zweier Landgerichte dürfen Versicherungsvermittler nicht als unabhängige Berater auftreten. Der AfW sieht die Rechtsprechung noch gelassen.

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14:10 Uhr | 24. Oktober | 2023
Juristische Gewichtsskala

Die Gewerbeformen des Honorarberaters und des Vermittlers sind per Gesetz scharf voneinander getrennt. Versicherungsvermitttler dürfen sich deshalb nicht als „unabhängig" darstellen.

| Quelle: William_Potter

In zwei Fällen hat die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) erfolgreich gegen Finanzanlagenvermittler geklagt – mit mitunter für die Beratung wegweisenden Konsequenzen. So dürfen Vermittler ihre Beratung weder als unabhängig darstellen noch als Berater auftreten, wenn sie Provisionen von Versicherern oder Finanzinstituten erhalten. Allerdings sind beide Urteile noch nicht rechtskräftig und könnten in weiteren Instanzen gekippt werden.  

Versicherungsberatung ohne Zulassung

Die Hintergründe der Klagen: In einem ersten Fall hatte das Landgericht Köln nach der Klage der Verbraucherschützer (Az.: 33 O 15/23) über die Rechtmäßigkeit der Darstellung der Firma „Die Finanzprüfer“ zu urteilen. Das Unternehmen bietet reine Versicherungsberatung an, ohne Versicherungen vermitteln zu wollen – obwohl es über keine Zulassung als Versicherungsberater verfügt. Damit verstieß die Firma nach Auffassung des vzbv gegen das Tätigkeitsverbot nach § 34d, da sie als zugelassener Versicherungsmakler auch Beratungsleistungen angeboten hatte. Die Firma „Die Finanzprüfer“ hingegen vertrat die Ansicht: Laut IDD-Richtlinie der EU dürfe sie Kunden zu Versicherungen beraten, ohne ihnen einen Versicherungsvertrag zu vermitteln.  

Die Richter am Landgericht gaben den Verbraucherschützern Recht und begründeten dies folgendermaßen: Die Gewerbeformen des Honorarberaters und des Vermittlers seien per Gesetz scharf voneinander getrennt. Dadurch sei ein gleichzeitiges Betreiben ausdrücklich verboten.

Die zweite Klage des vzbv wurde vor dem Landgericht Bremen (Az.: 9 O 1081/22) verhandelt und richtete sich gegen die „Finanzberatung Schorn“, die online mit einer „unabhängigen Beratung“ wirbt. Im Impressum formuliert die Beklagte, über eine Erlaubnis nach 34d sowie 34f zu verfügen. Aus Sicht der Verbraucherschützer entstehe dadurch der irrtümliche Eindruck, es mit einem Honorarberater zu tun zu haben, der auch ohne Provisionen arbeitet. Vermittler dürften ihre Beratung jedoch nicht als unabhängig darstellen oder als reine Berater auftreten, wenn sie Provisionen von Versicherern oder Finanzinstituten erhalten. Aus diesem Grund reichte der vzbv Klage ein und bekam vor dem Bremer Landgericht damit Recht. Die Angaben auf der Webseite seien unwahr, eine Unabhängigkeit könne nur im Falle des Honorar-Anlageberaters nach §34h angenommen werden, lautete die juristische Begründung. Ein Finanzanlagenberater könne sich nicht als unabhängig bezeichnen, auch wenn er „in Einzelfällen anstatt oder neben einer Provision sein Honorar vom Anleger erhält“.

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Für Verbraucher muss klar sein, ob sie es mit einer tatsächlich unabhängigen Honorarberatung oder mit einer provisionsabhängigen Vermittlung zu tun haben.
David Bode, vzbv-Rechtsreferent

„Für Verbraucher muss klar sein, ob sie es mit einer tatsächlich unabhängigen Honorarberatung oder mit einer provisionsabhängigen Vermittlung zu tun haben. Bisher ist das häufig schwer erkennbar“, ergänzte vzbv-Rechtsreferent David Bode zur Urteilssprechung. Durch die Gerichtsentscheidungen sei Verbrauchern nun dabei geholfen, zu erkennen, ob sie es mit unabhängiger Beratung zu tun haben oder mit einer Vermittlung, bei der auch Provisionen fließen können. „Das ist wichtig, damit Verbraucher bei Empfehlung bestimmter Finanzanlagen oder Versicherungen durch Vermittler und Makler informierte Entscheidungen treffen können“, schreibt der vzbv in einer Pressemitteilung.

AfW-Vorstand Norman Wirth sieht die aktuelle Rechtsprechung gelassen. „Ich halte die Gerichtsentscheidungen für falsch“, erklärte er auf Nachfrage gegenüber procontra. Da die Urteile momentan noch nicht rechtskräftig seien, gehe er davon aus, dass sie womöglich „in zweiter Instanz gekippt werden.“