Allianz will an Daten ihrer Kfz-Kunden
Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Ein Schatz, den viele heben wollen. So wundert es nicht, dass die Allianz – wie auch der Rest der Versicherer – die Pläne der Europäischen Union unterstützt. Mit dem „EU Data Act“ beabsichtigt die EU, dass Nutzer künftig die Hoheit über die über sie gesammelten Daten haben, diese folglich auch teilen dürfen.
Das ist gerade für die Kfz-Versicherer natürlich von Interesse. Autos sammeln eine große Menge an Daten, beispielsweise über das Fahrverhalten, die Zahl der Mitfahrer oder die gefahrenen Strecken und den aktuellen Standort. Daten, über die derzeit nicht die Autofahrer, sondern die Autohersteller verfügen – sehr zum Ärger der Versicherer, die seit geraumer Zeit einen Zugang zu diesen Daten fordern. Mit ihnen ließe sich beispielsweise der Schadenprozess deutlich verschlanken und somit günstiger gestalten.
Kunden zur Datenweitergabe bereit, wenn...
„Im Falle eines Unfalls wäre es möglich, durch die Auswertung von Positionsdaten und Daten von Crash-Sensoren das Ausmaß des Schadens automatisch und in Echtzeit zu erfassen. Die Allianz könnte sofort einen Abschleppdienst benachrichtigen, einen Leihwagen reservieren, passende Ersatzteile bestellen und einen Werkstatttermin für unsere Kundinnen und Kunden vereinbaren. Bei schweren Unfällen könnte medizinische Hilfe geleistet werden“, erklärt Klaus-Peter Röhler, Vorstandsmitglied der Allianz SE auf dem Auto-Tag des Versicherers im Allianz-Zentrum für Technik.
Dass die Kunden bereit dazu sind, ihre Daten mit ihrem Versicherer zu teilen, zeigt eine Umfrage unter über 5.000 Menschen in mehreren Ländern, die die Allianz nicht ganz uneigennützig durchgeführt und nun auf ihrem Auto-Tag vorgestellt hat.
Der Umfrage zufolge stimmen mehr als die Hälfte (58 Prozent) der in Deutschland befragten Menschen zu, ihre Daten mit ihrem Versicherer zu teilen, sofern dadurch die Regulierung des Schadens schneller und lückenlos erfolgt. 53 Prozent begrüßen die Teilung ihrer Daten, sofern sie dadurch Services durch den Versicherer zur Verfügung gestellt bekommen. Denkbar ist beispielsweise schnelle Hilfe im Fall einer Autopanne.
Die größte Zustimmung (78 Prozent) erntete die Frage, ob die gesammelten Daten auf Wunsch wieder gelöscht werden müssen. Einen Cyberangriff auf ihr Auto befürchten hingegen vergleichsweise wenig Menschen (47 Prozent) – hier fehlt es offenbar weitestgehend an bekannten Beispielsfällen.
4 Forderungen an die EU
Auch im Zusammenhang mit den Umfrageergebnissen hat die Allianz insgesamt vier Forderungen in Richtung EU formuliert, die diese bei der Gestaltung des EU Data Act berücksichtigen soll.
1.) Fahrzeughalter sollen die volle Transparenz darüber erhalten, welche Daten ihr Fahrzeug über sie erhebt.
2.) Damit die Daten einfach und schnell über Schnittstellen geteilt werden können, braucht es einen standardisierten Mindestdatensatz.
3.) Um sicherzustellen, dass nur Berechtigte auf die Daten zugreifen können, braucht es einen unabhängigen Datentreuhänder, der den sicheren Austausch der Daten gewährleistet.
4.) Damit Autofahrer von den vielen denkbaren Innovationen profitieren können, braucht es faire Preise für die Datenübertragung an Dritte. Die Kosten müssen kalkulierbar sein, um einen breiten Wettbewerb zu ermöglichen.
Zustand von Akkus oft unklar
Einen konkreten Nutzen soll der EU Data Act auch für die Benutzer von E-Autos bringen. Für diese ist es derzeit schwierig, eine unabhängige Analyse über den Akku des Fahrzeugs zu erhalten – das mit Abstand teuerste Teil. Diese Daten sollen potenzielle Käufer von gebrauchten E-Autos künftig durch den EU Data Act zur Verfügung stehen, wodurch der Gebrauchtmarkt für E-Autos deutlich an Schwung gewinnen könnte.
„Bei Elektrofahrzeugen sind die Batteriedaten der neue Kilometerstand. Negative Einflüsse auf den Akku können schnell zu einem gesteigerten Kapazitätsverlust von bis zu 20 Prozent führen“, berichtet Frank Sommerfeld, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG. „Langfristig führt dies zu einem deutlich erhöhten Wertverlust des Fahrzeugs. Dieser kann je nach Hersteller und Modell bis zu 25 Prozent betragen, in Einzelfällen auch darüber.“ Negative Umstände können beispielsweise zu häufiges Schnellladen, lange Standzeiten oder zu hohe Umgebungstemperaturen sein.
„Auch weil die so wichtigen Batteriedaten häufig fehlen, kommt der Gebrauchtmarkt für E-Fahrzeuge nicht in Schwung,“ sagt Sommerfeld. „Wir fordern deshalb beim Verkauf oder Kauf eines gebrauchten Elektrofahrzeugs die Bereitstellung geeigneter Batteriedaten zur Vorlage eines unabhängigen Zertifikats über den Zustand der Batterie. Nur damit lässt sich sicherstellen, dass in Zukunft der Gebrauchtwagenhandel datenbasiert und korrekt abgewickelt werden kann.“
Dank des EU Data Acts sollen Kunden zukünftig auch auf die Batteriedaten zugreifen und diese anderen zur Verfügung stellen dürfen. Der Versicherer verspricht sich durch die Daten eine Verringerung der Reparaturkosten und stellt Versicherten dafür geringere Typklassen in Aussicht.
Der EU Data Act muss noch von EU-Parlament sowie dem Rat der EU bestätigt werden. Geplant ist, dass er im Jahr 2025 in Kraft treten soll.