Votum-Kritik an EU-Kommission

Scheitert das Provisionsverbot an einem Rechenfehler?

Ein Rechenfehler in einer wichtigen Studie ist für den Vermittlerverband Votum Anlass, scharfe Kritik an der EU-Kommission und dem geplanten Provisionsverbot zu äußern. EU-Kommissarin Mairead McGuiness stehe durch den Fehler nun vor einem Scherbenhaufen.

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12:02 Uhr | 15. Februar | 2023
EU-Kommission

Die EU-Kommission muss bei einer Studie, die die Datengrundlage für die geplante EU-Kleinanlegerstrategie stellen soll, einen Rechenfehler einräumen.

| Quelle: bloodua

Die von EU-Finanzkommissarin Mairead McGuiness losgetretene Debatte über ein Provisionsverbot bei Anlageprodukten ist um ein weiteres Kapitel reicher.

So weist derzeit der Votum-Verband auf einen „groben Berechnungsfehler“ in einer vom Marktforschungsunternehmen Kantar erstellten Studie („Disclosure, inducements, and suitability rules for retail investors study“) hin. Diese 333 Seiten starke Untersuchung bildet eine wichtige Grundlage für die seitens der Europäischen Union geplante Kleinanlegerstrategie und die damit verbundene Provisionsdebatte.

So musste Kantak einräumen, dass Produkte auf Provisionsbasis nicht um 35 Prozent teurer sind als Produkte ohne Provisionsvergütung, wie ursprünglich in der Studie festgehalten worden war. Stattdessen rangieren die Mehrkosten nur noch zwischen 24 und 26 Prozent. Grundlage der Berechnung war eine Untersuchung von 176 Finanzprodukten. Auch die Europäische Kommission räumt den Rechenfehler in einem Disclaimer zur Studie ein.

Mehrkosten fallen geringer aus

Hohe Abschlusskosten werden von Gegnern der Provisionsvergütung gerne als Beleg für geschmälerte Renditen der Kunden ins Feld geführt. Auch EU-Kommissarin McGuiness hatte in einem Brief an den EU-Parlamentarier Markus Ferber auf die Mehrkosten in Höhe von 35 Prozent verwiesen und angeführt, dass Anleger in den Niederlanden sowie Großbritannien einen höheren Gegenwert für ihr Geld erhielten. Sowohl in den Niederlanden als auch in Großbritannien besteht ein Provisionsverbot.

Wird nun den Befürwortern eines Provisionsverbotes durch den festgestellten Rechenfehler die Argumentationsgrundlage entzogen? Aus Sicht von Votum-Vorstand Martin Klein fällt die Antwort auf diese Frage eindeutig aus: „Damit steht die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness vor einem Scherbenhaufen. Schließlich hat sie diese fehlerhaften Werte bei all ihren Argumentationen (…) immer wieder als Hauptargument in Bezug auf angebliche Fehlanreize in der Anlagevermittlung angeführt.“

Auch der aktuelle Wert von 24 bis 26 Prozent ist aus Sicht von Klein fragwürdig. In einer Presseerklärung warf der Votum-Vorstand der Kommission im Hinblick auf die Studie Intransparenz vor. „Es ist nicht tragbar, dass die Verbände der betroffenen Berufsträger wie Votum bis heute keinen Einblick in die Datengrundlage der Studie erhalten haben. Wohin diese Intransparenz führt, sehen wir nun auf öffentlicher Bühne. Das ist peinlich.“

Klein fordert nun angesichts des Rechenfehlers von McGuiness, ihr geplantes Provisionsverbot zu überdenken. „Es kann nicht sein, dass wir auf Basis falscher Berechnungen über die Zukunft von hunderttausenden Finanzberatern diskutieren“, so Klein.

Folgt nun ein Umdenken?

Der Fehler ist für die EU-Kommissarin zweifelsohne peinlich. Ob die veränderte Datengrundlage allerdings tatsächlich zu einem Umdenken führt, bleibt jedoch abzuwarten – schließlich weist die Studie nach wie vor Mehrkosten, wenn auch geringere, für Produkte auf Provisionsbasis aus.

Eine Nachfrage beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), ebenfalls ein klarer Befürworter eines Provisionsverbots, offenbart dann auch: Der Rechenfehler ändert nichts an der prinzipiellen Einstellung des vzbv zur Provisionsvergütung, teilt der Verband mit.

Das geplante Provisionsverbot für Anlageprodukte beschäftigt mittlerweile auch die deutsche Politik. So hatte die Bundestagsfraktion von CDU und CSU unlängst eine kleine Anfrage an die Bundesregierung zum Thema gestellt. Diese enthält 34 Fragen, die sich unter anderem um die Auswirkungen eines Provisionsverbotes für die Entwicklung der privaten Altersvorsorge oder die Beschränkungen von Honoraren in der Honorarberatung drehen. Noch liegt eine Antwort der Bundesregierung allerdings nicht vor.