Cannabis-Therapie bei Glasknochenkrankheit?
Seit 2017 können sich schwer kranke Patienten cannabishaltige Arzneimittel zu Therapiezwecken verschreiben lassen. Voraussetzung ist, dass aus Sicht des behandelnden Arztes der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst und Symptome gelindert werden. Dabei erstatten die Kassen sowohl Fertigarzneimittel als auch getrocknete Cannabisblüten.
Auf dieses Gesetz hatte sich nun ein an der seltenen Glasknochenkrankheit leidender, privat krankenversicherter Mann in seinem Antrag auf Kostenerstattung berufen. Doch welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit das medizinische Cannabis vom Versicherer bezahlt wird? Darüber hatte nun das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: I-13 U 222/22) zu entscheiden.
Der Fall im Detail
Die Notwendigkeit der Cannabis-Behandlung hatte der Mann damit begründet, dass er durch die Erkrankung regelmäßig an Schmerzen leide, womit eine ausgeprägte Immobilität verbunden sei. Konventionelle Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft und da mindestens eine schwere Erkrankung mit wesentlichen Funktionseinschränkungen vorliege, solle der beklagte Versicherer für die medizinisch notwendige Heilbehandlung mit Medizinal-Cannabis aufkommen. Aus seiner Sicht seien sowohl „bereits getätigte Aufwendungen für die Versorgung“ sowie zukünftige Kosten bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung zu erstatten.
Der Versicherer lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass bei akut auftretenden Schüben, wie sie laut Arztbericht in diesem Fall vorkommen, Cannabis aufgrund seiner „Behandlungsträgheit“ nicht geeignet sei. Dieser Einschätzung gab das Landgericht Mönchengladbach Recht und lehnte den Antrag des Klägers in erster Instanz ab.
Das Urteil des OLG
Auch die Richter am OLG Düsseldorf schlossen sich der Sichtweise an und wiesen die Berufung des Mannes zurück. Zur Begründung führten sie an: Die im Versicherungsvertrag definierten Bedingungen für eine Kostenübernahme seien nicht erfüllt. So sei bei der konkret feststellbaren gesundheitlichen Symptomatik Medizinal-Cannabis „nach heutiger medizinischer Einschätzung und aktuellem Wissensstand“ nicht als schulmedizinisch anerkannte Behandlung anzusehen. Auch habe der Kläger nicht nachweisen können, dass herkömmliche Therapien wirkungslos seien beziehungsweise gravierende Nebenwirkungen verursachten.
Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger habe zudem keinen Beweis erbringen können, dass eine Cannabistherapie die Schmerzsymptome des Klägers lindere. Weitere Befunde, die den Vortrag des Klägers zu seinen körperlichen Beschwerden – insbesondere die behauptete Vielzahl von Brüchen – stützten, wurden ebenfalls nicht vorgelegt. „Grundsätzlich“ komme bei der Glasknochenkrankheit aber eine Erstattung der Kosten von Medizinalcannabis durch die Krankenversicherung „in Betracht“.
Die Grenzen hinsichtlich einer Verschreibung von medizinischem Cannabis verdeutlichte vor zwei Jahren auch ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen. In dem Fall ging es um einen ehemaligen Krebspatienten, der wegen eines eingesetzten Hodenimplantats an Schmerzen litt. Da andere therapeutische Maßnahmen nicht ausreichend ausgeschöpft seien, hatte das LSG die Forderung des Mannes damals zurückgewiesen.