Urteil

Gericht stärkt Maklerrechte

Muss ein Versicherungsmakler kategorisch auf den Abschluss einer Risikolebensversicherung verweisen? "Nein" sagt das OLG Dresden, macht aber auch deutlich, wie wichtig eine Beratungsdokumentation ist.

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14:09 Uhr | 12. September | 2024
Justizia

Ein Urteil des OLG Dresden stärkt Makler, macht aber auch deutlich, wie wichtig eine Beratungsdokumentation ist.

| Quelle: querbeet

Eine Stärkung des Maklerrechts: So positiv wertet Rechtsanwalt Tobias Strübing (Wirth Rechtsanwälte) ein Urteil des OLG Dresden aus dem April dieses Jahres (Az: 3 U 79/23).

Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob ein Makler seine Kunden in jedem Fall zum Abschluss einer Risikolebensversicherung beraten muss. Das sah zumindest die Klägerin so, deren mittlerweile verstorbener Ehemann Kunde des Maklers war, jedoch über keine ausreichende Absicherung im Todesfall verfügte.

Doch von Anfang an: Im Mai des Jahres 2020 verschickte der Makler einen als „Jahrescheck 2020“ betitelten Erfassungsboden an das Ehepaar – in diesem wurde das Paar nach ihren Beratungswünschen befragt. Neben diversen anderen Themen gab das Paar auch „Hinterbliebenen-/Familienabsicherung“ an.

Im Juli kam es schließlich zum Beratungsgespräch, das der Makler jedoch nicht dokumentierte. Deswegen gehen die Aussagen hierüber auseinander. Während die Frau des Verstorbenen angab, dass eine Beratung über eine Risikolebensversicherung nicht stattgefunden habe, erklärte der Makler, das Thema angesprochen zu haben. Das Ehepaar hätte hier aber rasch abgeblockt.

Im Dezember verstarb der Ehemann, der als Anästhesist der Hauptverdiener der Familie war, überraschend am Toxic-Schock-Syndrom. Die Ehefrau stellte fest, dass weder ihre Unfallversicherung eine Todesfallabsicherung beinhaltete, noch das Guthaben ihrer Rentenversicherungen so groß war, um hieraus eine Rente bilden zu können.  Daraufhin verklagte sie den Versicherungsmakler auf Schadenersatz in Höhe von 500.000 Euro.

Nachdem sie vor dem Landgericht sogar weitgehend Recht erhalten hatte, kippte das OLG Dresden indes die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Klage zurück. 

Das Gericht stellte fest, dass die Absicherung des Todesfallrisikos in der Regel keine objektive Frage sei – vielmehr hänge diese von den subjektiven Vorstellungen des Versicherungsnehmers ab. Ein Versicherungsvermittler müsse darum nicht von sich aus kategorisch eine Risikolebensversicherung empfehlen. Eine Pflicht zum Anraten einer solchen Versicherung kann nur in Ausnahmefällen bestehen, etwa wenn eine besondere Gefährdung vorliege, so das OLG. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.

Die Begründung des Gerichts

Zwar war der Mann Hauptverdiener der Familie. Das allein reicht aber nicht. So gab es kein mit einem Darlehen belastetes Eigenheim. Der Mann galt nach Auffassung des Gerichts auch als Intensivmediziner während der Corona-Epidemie als nicht besonders gefährdet. Und die Ehefrau war selbst Akademikerin – selbst bei einem unwahrscheinlichen Todesfall ihres Mannes könne davon ausgegangen werden, dass sie mittelfristig in der Lage dazu sei, den Lebensunterhalt für sich und ihre zwei Kinder zu bestreiten.

Zudem konnte das Gericht keinen klaren Absicherungswunsch des Paares erkennen. Zwar gab es keine Beratungsdokumentation, was zu Beweiserleichterungen für den Versicherungsnehmer führt, jedoch nicht zu einer generellen Beweislastumkehr. Eine solche würde aus Sicht des Gerichts zu einer uferlosen Haftung des Maklers führen, der somit praktisch schutzlos dastünde.

Es obliegt somit der Versicherungsnehmerin, eine Falschberatung nachzuweisen. Dies gelang ihr im vorliegenden Fall aber nicht, so dass das Gericht ihre Klage zurückwies.

„Mit diesem Urteil stellt das OLG Dresden zwar Grenzen der Beratungspflicht von Versicherungsmaklern klar und betont die Verantwortung der Kunden, auch selbst über ihre Absicherungsbedürfnisse zu entscheiden. Es zeigt aber auch, wie schnell Haftung entstehen kann und welche Bedeutung die gesetzlich verpflichtende Beratungsdokumentation hat“, kommentiert Strübing den Fall. „Versicherungsmaklern und Versicherungsmaklerinnen können wir trotz des positiven Urteils weiterhin nur raten, auch die Motive zu dokumentieren, weswegen ein bestimmter vom Vermittler empfohlener Versicherungsschutz abgelehnt wurde.“