Klinik erhält keine Entschädigung aus Betriebsschließungsversicherung
Eine Klinik, die während der Pandemie bestimmte medizinische Eingriffe und Behandlungen aussetzen musste, erhält keine Entschädigung aus ihrer Betriebsschließungsversicherung (BSV). Das hat das Landgericht Frankfurt am Main in einer aktuellen Entscheidung festgestellt.
Was war passiert?
Die klagende Klinik hatte vor der Corona-Pandemie eine BSV abgeschlossen. Gemäß der Versicherungsbedingungen war eine Entschädigung dann vorgesehen, wenn die Klinik ihren Betrieb teilweise schließt – und zwar aufgrund einer behördlichen Anordnung. Eine Anordnung, wie sie im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes zur Verhinderung der Verbreitung meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger ausgesprochen werden kann.
Im März 2020 erließ die Hessische Landesregierung auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes die „Fünfte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus“. Dadurch mussten bestimmte Krankenhäuser medizinische Eingriffe und Behandlungen aussetzen, wenn dafür keine dringende medizinische Notwendigkeit bestand. Bereits aufgenommene Patienten wurden vorerst entlassen, sofern deren nicht notwendige Behandlung noch nicht begonnen hatte.
Die von der Verordnung betroffene Klinik verlangte von ihrem Versicherer daraufhin eine Entschädigung in Höhe von rund 600.000 Euro. Von dieser Klageforderung waren bereits etwa 1,7 Millionen Euro abgezogen, die sie als staatliche Entschädigungszahlung aufgrund der Corona-Pandemie erhalten hatte.
Das Urteil
Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Klage ab. Die Begründung: Der Klinik steht keine Entschädigung aus der Betriebsschließungsversicherung zu, weil sie den Betrieb nach der behördlichen Anordnung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes „zur Verhinderung der Verbreitung“ meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger teilweise schließen musste.
Das Gericht erklärte, dass Covid-19 zwar als gefährliche Infektionskrankheit beziehungsweise Sars-CoV-2 als gefährlicher Krankheitserreger im Sinne der Versicherungsbedingungen gilt. Jedoch sei es bei der angeordneten Aussetzung nicht notwendiger Behandlungen nicht darum gegangen, die Verbreitung des Virus einzudämmen.
„Vielmehr sollten damit Behandlungskapazitäten für eine große Anzahl von COVID-19-Erkrankten geschaffen werden, die zu diesem Zeitpunkt noch für möglich gehalten wurden“, erklärten die Richterinnen und Richter. Schließlich wurde ein Anstieg des Bedarfs an Intensiv- und Beatmungskapazitäten erwartet, weswegen ausreichend Intensivbetten in Kliniken vorgehalten und planbare Eingriffe verschoben werden sollen. Ein Ziel, das von Seiten der Politik damals auch offen kommuniziert worden war.
Dass mit der Einschränkung des Klinikbetriebes auch die Verbreitung des Sars-CoV-2-Virus verhindert oder verlangsamt wurde, spielte für die Entscheidung des Gerichts keine maßgebliche Rolle.
Das Urteil vom 30. Juni (Az. 2-08 O 210/22) ist nicht rechtskräftig und kann innerhalb eines Monats mit einer Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden.
Wann der Versicherer haftet
Bei der Frage, ob durch eine Betriebsschließungsversicherung während eines Corona-Lockdowns entstandene Schäden abgedeckt sind, kommt es stets auf die exakte Formulierung der Versicherungsbedingungen an. So hat in einem anderen Fall (Az: IV ZR 465/21) ein Hotelier, der sein Etablissement während der Corona-Lockdowns für den Touristenbetrieb schließen musste, eine Entschädigung von seinem Versicherer erhalten.
In den Versicherungsbedingungen wurden die versicherten Krankheiten nämlich nicht einzeln aufgezählt, sondern wurde lediglich auf das Infektionsschutzgesetz und die dort genannten Krankheiten verwiesen. Der Versicherer erklärte, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Covid-19 noch nicht im Infektionsschutzgesetz aufgeführt war. Das war erst im Mai 2020 der Fall. Was aus den Versicherungsbedingungen jedoch nicht eindeutig hervorging: Welche Version des Infektionsschutzgesetzes ist maßgeblich – jene bei Abschluss des Vertrages oder beim Eintritt des Schadens? Im Falle der Uneindeutigkeit gelte die für den Kunden günstigere Version, stellte der BGH im Januar dieses Jahres klar.