Nach BVK-Warnung: Wie rechtssicher sind Vergleichs-Tools für Makler?

Liefern die Vergleichs-Softwares von Maklerpools und -verbünden einen hinreichenden Marktüberblick oder begeben sich Vermittler durch deren Nutzung aufs juristische Glatteis? Die Anbieter der Tools vertreten dabei verschiedene Ansichten.

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07:01 Uhr | 28. Januar | 2022
Die Chefs von Maklerpools und -verbünden vertreten verschiedene Ansichten, was die Rechtssicherheit ihrer Tarifvergleichsprogramme anbelangt. Bild: Adobe Stock/beeboys

Die Chefs von Maklerpools und -verbünden vertreten verschiedene Ansichten, was die Rechtssicherheit ihrer Tarifvergleichsprogramme anbelangt. Bild: Adobe Stock/beeboys

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) warnt Makler davor, sich beim Tarifvergleich ausschließlich auf die Tools von Maklerpools und -verbünden zu verlassen – wie procontra bereits berichtetet hat. Unter Umständen könnten diese keinen hinreichenden Marktüberblick bieten, wie ihn das VVG vorschreibt. Dieser Makel wurde kürzlich auch den Vergleichsportalen Check24 und Verivox zum Verhängnis – gegen beide ergingen Urteile. Auf Makler könnten im schlimmsten Fall Schadenersatzzahlungen an falsch beratene Kunden zukommen, heißt es in einer Studie des BVK.

Wie sollten unabhängige Vermittler auf diese Warnung reagieren? Und für wie rechtssicher halten Pools und Verbünde ihre zur Verfügung gestellten Softwares? Bei der Maklergenossenschaft VEMA ist man speziell in Folge des Verivox-Urteils der Auffassung, dass Makler in Zukunft mehr Transparenz bieten sollten, was die im Vergleich berücksichtigten Versicherer anbelangt. „Da zum Beispiel in der Sachversicherung nur rund 50 Prozent der bei der BaFin registrierten Versicherer ‚aktiv‘ mit Versicherungsmaklern zusammenarbeiten, empfehlen wir, die Beratung nach den im Urteil festgelegten Eckpunkten anzupassen und zu dokumentieren“, rät der VEMA-Vorstandsvorsitzende Hermann Hübner auf procontra-Nachfrage.

Im Austausch mit Berufsverbänden und Anwälten würde die VEMA für ihre Mitglieder gerade erörtern, wie die Formalien aus dem Rechtsspruch in der Beratungspraxis am besten umgesetzt werden können. „Vereinfacht wird es darauf hinauslaufen, dass der Versicherungsmakler in jedem Beratungsgespräch mitteilt, dass er in seinem Marktüberblick nur Versicherer berücksichtigt, die zum Beispiel einen auf die Zusammenarbeit mit Versicherungsmaklern abgestimmten Geschäftsablauf haben – um auch die regelmäßig gewünschte Vertrags- und Schadenbegleitung vornehmen zu können – und die übliche Maklercourtage vergüten“, prognostiziert Hübner. Um beim Beispiel mit den Schadenversicherern zu bleiben, müssten Makler dann dokumentieren, dass es sich etwa um die Hälfte der rund 200 bei der BaFin registrierten Produktgeber handle. Eine solche Liste wolle die VEMA ihren Mitgliedern zu gegebener Zeit zur Verfügung stellen.

Hinweis in der Erstinformation setzen

Beim Deutschen Maklerverbund (DEMV) sehnt man bereits eine höchstrichterliche Rechtsprechung beim Thema Marktüberblick herbei. Das Verivox-Urteil habe für einige Verunsicherung im Markt gesorgt, betont DEMV-Geschäftsführer Karsten Allesch. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung für die Branche habe das OLG Karlsruhe die Revision zugelassen. Mit Blick auf das eigene Software-Angebot erklärt er: „In unseren Vergleichsrechnern werden immer alle Versicherer im Vergleich berücksichtigt, die technisch an den Webservice angeschlossen sind." Zwar würden zum Beispiel auch Direktversicherer berücksichtigt, die nicht an die Verbund-eigene Plattform angeschlossen seien. Auch Anbieter, mit denen kein Kooperationsvertrag bestehe, würden nicht kategoisch ausgeschlossen. Es gebe jedoch auch immer Gesellschaften, die nicht im Vergleich auftauchten, weil sie zum Beispiel keine Schnittstelle zur Verfügung stellten. "Genau an dieser Stelle entsteht eine gewisse Unsicherheit für Versicherungsmakler und daher ist eine höchstrichterliche Entscheidung durch den BGH zu begrüßen", so Allesch weiter.

Netfonds gibt sich sorglos

Den DEMV-Maklern empfiehlt Allesch, in der Erstinformation darauf hinzuweisen, dass nur Versicherer berücksichtigt werden können, die dem DEMV-Vergleichsportal Produktinformationen zur Verfügung stellen. Manche Direktversicherer würden diese Informationen nicht liefern. Deshalb seien sie von der Marktsondierung auszuschließen. Auf Nachfrage könnte man Kunden zudem eine Übersicht der berücksichtigten Versicherer zur Verfügung stellen. Außerdem wolle der DEMV im März auf einer Roadshow einen komplett digitalen Prozess vorstellen, der in dieser Hinsicht alle Anforderungen berücksichtigen würde, so Allesch.

Während die einen Makler-Dienstleister das Thema offensichtlich als brisant einstufen, sehen andere keinen Grund für zusätzliche Hilfestellungen für ihre Partner. Auf LinkedIn schrieb Netfonds-Vorstand Oliver Kieper kürzlich, bezugnehmend auf unsere Berichterstattung: „Es wird kaum einen Makler geben, der quasi blind eine Vergleichssoftware verwendet, ohne sich damit zu befassen, welche Versicherer in den Vergleich einbezogen werden. Zudem nutzt nahezu jeder Makler die Möglichkeit, individuelle Einstellungen in der Software vorzunehmen, was voraussetzt, dass er sich mit der Software beschäftigt hat.“

Alles die Schuld des BVK?

Wieder anders geht Blau-Direkt-Chef Oliver Pradetto mit dem Thema um. „Wir stellen unsere Makler rechtlich frei für den Fall, dass diese wettbewerbsrechtlich oder haftungstechnisch aufgrund der Nutzung unserer Rechner in Anspruch genommen werden“, lautet seine Antwort, die seine angebundenen Partner beruhigen dürfte. Zusätzliche Maßnahmen, wie etwa das Zählen der am Markt befindlichen Versicherer parallel zum Tool-Vergleich hält Pradetto nicht für nötig.

Der Pool-Chef kritisiert zudem, dass sich der BVK als Interessenvertreter der Makler darstelle, obwohl seine Mitglieder fast ausschließlich Vertreter seien. Mit seinem Verfahren gegen Check24 habe der BVK Maklern neue Pflichten angedichtet, die das Oberlandesgericht München durch sein Urteil zu Fakten gemacht habe. Erst auf dieser Grundlage sei die jetzige Verunsicherung entstanden. Die Überprüfung des gesamten Marktes könne aber kein Vergleichsrechner-Hersteller sicherstellen, moniert Pradetto. „Ein Makler muss nun – obgleich unverschuldet – immer sagen, dass er keinen Überblick geben könne. Der BVK hat das verursacht. Dass sich nun ausgerechnet der BVK hinstellt und warnt, ist bitterer Zynismus“, kritisiert der Blau-Direkt-Chef.

Er geht dennoch davon aus, dass die bisherigen Einzelfall-Urteile in der Sache keinerlei bindende oder rechtsschaffende Wirkung hätten. Bei Vergleichsportalen würde es immer um das Täuschungspotenzial gegenüber den Verbrauchern gehen – also dass sich hinter dem kostenlosen Angebot eigentlich ein Versicherungsvermittler befinde. Dieser Aspekt würde bei klassischen Maklern entfallen, weshalb sein Pool auch die Risikoübernahme für seine Partner garantiere.

Dennoch ist beim Thema „hinreichender Marktüberblick“ Druck auf dem Kessel. Es wird sich zeigen, wie die einzelnen Intermediäre auf die unsichere Rechtslage reagieren werden und welche neuen Blickwinkel gegebenenfalls ein BGH-Urteil eröffnet.

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