Interview

Verbraucherzentrale: "Wir mahnen derzeit vermehrt Versicherungsmakler ab"

Wie procontra bereits berichtete, sind Versicherungsmakler, die sich als unabhängig bezeichnen, ins Fadenkreuz der Verbraucherschützer geraten. procontra hat mit David Bode gesprochen, der beim vzbv für die Rechtsdurchsetzung zuständig ist und kein Geheimnis daraus macht, dass weitere Abmahnungen folgen können.

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06:09 Uhr | 27. September | 2024
David Bode, Referent Team Rechtsdurchsetzung beim vzbv.

David Bode, Referent Team Rechtsdurchsetzung beim vzbv.

| Quelle: vzbv

procontra:

Es melden sich derzeit immer wieder Makler bei procontra, denen eine Abmahnung von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ins Haus geflattert ist. Ist es richtig, dass Sie derzeit vermehrt Abmahnungen wegen der Bezeichnung als „unabhängiger Versicherungsmakler“ verschicken? Was ist die rechtliche Grundlage dafür?

David Bode:

In der Tat mahnen wir derzeit vermehrt sowohl Versicherungsmakler als auch Finanzanlagenvermittler ab, die mit Unabhängigkeit werben. Die rechtliche Grundlage hierfür ist in dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu verorten.

procontra:

Können Sie einmal genauer erläutern, worum es dabei geht?

Bode:

Es geht darum, dass – im Gegensatz zu zugelassenen Honorarberatern - beide Gewerbeformen nach unserer Auffassung nicht unabhängig agieren. Werben Versicherungsmakler oder Finanzanlagenvermittler nun damit, dass sie oder ihre Beratung unabhängig seien, halten wir dies für irreführend und damit wettbewerbswidrig.

procontra:

Haben Sie vor, weitere Abmahnungen zu versenden?

Bode:

Die Einleitung weiterer Unterlassungsverfahren behalten wir uns vor. Ziel ist eine grundsätzliche Klärung der Rechtsfrage, ob Versicherungsmakler und Finanzanlagenvermittler sich und ihre Beratung als unabhängig bezeichnen dürfen oder nicht. Die bislang erwirkten Gerichtsentscheidungen stützen unsere Auffassung.

procontra:

In einem uns vorliegenden Fall hat der Makler sich auf seiner Website ganz klar und transparent von Honorarberatern abgegrenzt. Warum halten Sie die Bezeichnung als „unabhängiger Makler“ dennoch für unzulässig?

Bode:

Es gibt auf der einen Seite den Versicherungsvermittler, wozu auch der Versicherungsmakler gehört. Und auf der anderen Seite gibt es den Versicherungsberater. Auch im Bereich der Finanzanlagen gibt es auf der einen Seite den Vermittler und auf der anderen den Honorarberater. Zwischen beiden erlaubnispflichtigen Tätigkeiten gibt es ein gesetzliches Trennungsprinzip. Das bedeutet, dass nur eines der beiden Gewerbe ausgeübt werden darf. Den Versicherungsberater und auch den Honorar-Finanzanlagenberater zeichnet bereits nach der jeweiligen gesetzlichen Definition aus, dass er berät, ohne von einem Versicherungsunternehmen bzw. Produktgeber einen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten oder in anderer Weise von ihm abhängig zu sein. Versicherungsmakler und Finanzanlagenvermittler dagegen vermitteln Verträge in der Regel auf Grundlage einer Provision, die unterschiedlich hoch ausfällt und die sie von dem vermittelten Unternehmen erhalten. Aufgrund des Provisionsinteresses sind derartige Vermittler daher nach Auffassung des vzbv nicht unabhängig. Die Gerichte sind dem bislang auch gefolgt. Mit der Unabhängigkeitswerbung grenzen sich die Vermittler gerade nicht von den Honorarberatern ab.

procontra:

Makler müssen allerdings auch per Gesetz als Sachwalter des Kunden agieren. Würden Sie das nicht als unabhängig bezeichnen?

Bode:

Dass Versicherungsmakler, aber auch Finanzanlagenvermittler nicht in einer vertraglichen Beziehung zu den Anbietern der Anlagen bzw. Versicherungen stehen, ist selbstverständlich Grundvoraussetzung, um am Markt unabhängig beraten und vermitteln zu können. Allein dies reicht aus unserer Sicht jedoch nicht aus. Solange für die Vermittlung Provisionen in unterschiedlicher Höhe vom Anbieter zum Vermittler fließen, steht dies der beworbenen Unabhängigkeit entgegen. Bei den zugelassenen Versicherungsberatern und Honorar-Finanzanlagenberatern gestaltet sich dies anders, da diese sich die Erbringung der Beratung von Gesetzes wegen nur durch den Auftraggeber vergüten lassen dürfen.

procontra:

Warum glauben Sie, dass Kunden dadurch in die Irre geführt werden. Kunden können - das geht aus Umfragen hervor - häufig ja schon einen Versicherungsvertreter kaum von einem Makler unterscheiden. Der vzbv agiert nach eigenen Angaben zum Schutze des Verbrauchers, für den ein Makler höchst wahrscheinlich die unabhängigere Beratung bieten kann als ein Vertreter oder Mehrfachagent. Wie sehen Sie das?

Bode:

Der Irreführungstatbestand fordert keine verwirklichte Irreführung. Hierfür genügt es, wenn unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben gemacht werden. Es geht auch nicht um die Abgrenzung zwischen Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler. Dass Versicherungsmakler durchaus weniger abhängig agieren als Versicherungsvertreter, macht diese noch lange nicht unabhängig. Der Unabhängigkeit steht eben in Abgrenzung zum Honorarberater das Provisionsinteresse im Wege.

procontra:

Sie wollen bezüglich der Bezeichnung als „unabhängiger Makler“ auch vor Gericht gehen. Nehmen Sie dabei auch die Insolvenz einzelner Maklerunternehmen in Kauf, wenn diese Ihrer Abmahnung nicht nach kommen?

Bode:

Es ist satzungsgemäße Aufgabe des vzbv, Verbraucherinteressen wahrzunehmen und insbesondere auch verbraucherschädigende Rechtsverstöße durch Maßnahmen des kollektiven Rechtsschutzes zu unterbinden. Selbstverständlich bezwecken derartige Maßnahmen nicht, auf Unterlassung in Anspruch genommene Anbieter in wirtschaftliche Bedrängnis zu bringen. Wenn und soweit sich jedoch einzelne Anbieter auf eine Abmahnung hin nicht bereit zeigen, das monierte Verhalten abzustellen und eine Unterlassungserklärung abzugeben, besteht die Wiederholungsgefahr fort. Diese kann dann lediglich noch mit gerichtlicher Hilfe, also einem Untersagungsurteil beseitigt werden. Auf all dies weist der vzbv auch in seinen Abmahnungen hin. Entscheidet sich nun ein Anbieter für die gerichtliche Klärung, geht der vzbv davon aus, dass er selbst eine Kalkulation im Hinblick auf seine Zahlungskraft für den Fall des Unterliegens vorgenommen hat. Der Verbraucherschutz kann dahinter jedenfalls nicht zurücktreten.