Leitungswasserschäden sind in Deutschland nichts Ungewöhnliches. Über 3.000 versicherte Schäden zählen die Versicherer – jeden Tag wohlgemerkt. Nicht ganz so alltäglich ist die Tatsache, dass ein Versicherungsnehmer von seinem Wohngebäudeversicherer einen Vorschuss verlangt und diesen vermeintlichen Anspruch auch gerichtlich einzuklagen versucht.
Eine Frau aus Thüringen ging allerdings genau diesen Weg. In ihrem Haus war es im Herbst 2019 zu einem Leitungswasserschaden gekommen. Durch defekte Leitungen an Dusche und Badewanne im Obergeschoss war Wasser ausgetreten, das auch in die Decke zwischen Erd- und Obergeschoss gezogen war. Dass ein Versicherungsfall vorliegt, ist zwischen der Klägerin und ihrer Versicherung, der Debeka, unstrittig.
Nachdem der Versicherer erste geltend gemachte Sanierungskosten übernahm, entbrannte ein Streit um weitere, bisher nicht reparierte Schäden. Hierfür verlangte die Versicherungsnehmerin einen Vorschuss von der Debeka in Höhe von 33.000 Euro. Diese lehnte allerdings ab, unter anderem mit der Begründung, dass die Frau keinen Anspruch auf einen Vorschuss habe. Der Fall landete schließlich vor dem Landgericht Erfurt (8 O 1327/21, Urteil vom 20. April 2023).
Doch dieses gab dem Versicherer Recht: Ein Anspruch auf eine Vorschusszahlung ergebe sich weder aus Vertrag noch aus Gesetz. Anders als in der Unfallversicherung gebe es in der Wohngebäudeversicherung keine Vorschussregelungen.
Auch aus dem Versicherungsvertragsgesetz ergibt sich kein Anspruch auf einen Vorschuss. Zwar enthält dieses Spezialregelungen, wie beispielsweise für die Unfallversicherung (Paragraph 187 Absatz 2 VVG). Diese betreffen allerdings nur spezifische Bereiche, in denen ein Anspruch auf angemessene Vorschussleistung etwa aufgrund existenzieller Bedürfnisse gerechtfertigt erscheint. „Derartige Bedürfnisse und Interessenlagen sind im Falle einer Gebäudeversicherung nicht gegeben“, hielt das Erfurter Landgericht fest.
Erst vor kurzem hatte zudem der Bundesgerichtshof (Az: IV ZR 204/22) eine Verpflichtung eines Wohngebäudeversicherers zur Zahlung eines Vorschusses verneint.
Der Versicherung könne auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten unterstellt werden. Zwar hatte die Versicherung in der Vergangenheit Zahlungen an die Versicherungsnehmerin geleistet, dies allerdings stets auf Grundlage bereits erbrachter, abgerechneter und von der Klägerin bezahlter Sanierungsarbeiten, oder aber in geringem Umfang auf freiwilliger Basis ohne Rechtsbindungswillen.
„Eine Verpflichtung, nunmehr in erheblichem Maße in Vorleistung zu gehen und Vorschüsse zu leisten, ergibt sich hieraus nicht. Für ein widersprüchliches Verhalten ist jedenfalls zu wenig vorgetragen oder ersichtlich“, befand das Gericht.
Der Versicherer muss somit keinen Vorschuss für die Sanierung des von der Frau reklamierten Schadens zahlen.