Diese Chancen bieten Immobilien, Gold und Aktien
Versicherer sprechen gerne über private Altersvorsorge, betriebliche Krankenversicherung, oder Altersvorsorge oder über die Absicherung biometrischer Risiken. Und dabei zielen sie fast immer auf die gleichen Kundengruppen: Sie wollen die Generation Y, die Generation Z oder die Generation Alpha. Sie wollen Singles, Familien und ihre Kinder. Doch ein Blick auf die Alterspyramide zeigt: Inzwischen sind rund 37,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger mindestens ein halbes Jahrhundert alt oder älter. Also die Generation X, die Generation Boomer und die Generation Silent – sprich die Jahrgänge 1965 bis 1980, 1946 bis 1964 und 1928 bis 1963. Und genau von diesen wollte die R+V Versicherung Ende Dezember 2023 wissen, welche Folgen die Kriege, Wirtschaftskrise, Inflationsängste und die politische Unsicherheit haben.
Die Angst vor der Inflation
Denn immerhin gilt die „Generation 50 plus“ allgemein als Altersgruppe mit relativ hoher Kaufkraft und hohem Kapital. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Wirtschafts- und Sozialpolitischen Instituts im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung, zeigt, dass bis 2027 alljährlich bis zu 400 Milliarden Euro vererbt und verschenkt werden. Hinzu kommen die Ablaufleistungen auf fällig gewordenen Lebensversicherungen. Allein im Jahr 2022 betrugen die rund 89 Milliarden Euro. Die Altersgruppe verfügt also über enorme finanzielle Mittel. Und sie sorgt sich darum, wie die R+V-Umfrage zeigt.
So sind 60 Prozent der Befragten sind aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen stärker verunsichert seien als noch vor zwei Jahren. André Zoellner, Certified Financial Planner und Ruhestandsplaner aus Neu-Wulmstorf, bestätigt die Einschätzungen der R+V. Viele Kunden würden zum ersten Mal in ihrem Leben multiple Krisen erleben. „Denn neben den Folgen einer Pandemie und den neuen wirtschaftlichen Herausforderungen, die auch in den Lebensalltag vorrücken, sind wie Zeuge einer globalen geopolitischen Herausforderung.“ Gewohntes werde in Frage gestellt.
Als größtes Risiko hat die Studie der R+V hier die Inflation ausgemacht. Kaum verwunderlich: Nach einer durchschnittlichen Inflationsrate von 7,9 Prozent für 2022 und 5,9 für 2023 sehen 75 Prozent der Befragten in der Geldentwertung das größte Risiko. Es folgen die Aspekte „Äußere Sicherheit/Kriegsgefahr“ mit 52 Prozent und „Unfälle/Krankheiten“ mit 33 Prozent.
Zoellner zeigt sich von dem Ergebnis nicht wirklich überrascht „Die Kulisse der Polykrise führt uns gerade zu deutlich vor Augen, von welch großer Bedeutung die Vermögensbildung und geschickte Nutzung für unser Leben ist.“ Doch obwohl den Menschen die Finanzrisiken bewusst sind, haben nur 26 Prozent konkrete Schritte für den Schutz ihres Vermögens unternommen. Weitere 39 Prozent haben zumindest darüber nachgedacht, 35 Prozent haben sich dagegen noch gar nicht damit beschäftigt, zeigt die Umfrage der R+V.
Immobilien und Gold sind die Favoriten
Als besonders geeignet für den Vermögensschutz im Alter nannten 72 Prozent der Befragten Immobilien. Es folgen Gold mit 69 Prozent und Festgeld oder Tagesgeld mit 65 Prozent. Versicherungen, mit denen sich Vermögen schützen lässt, landeten mit 51 Prozent auf dem vierten Platz.
„72 Prozent finden Immobilien interessant“, sagt Zoellner und gibt zu bedenken, dass es sich bei der Befragung der R+V Versicherung um eine Mehrfachbefragung handele. Viele der Befragten dürften dabei auch an die eigene Immobilie gedacht haben. „Die eigene Immobilie hat aber mit der Geldanlage nicht viel zu tun“, so Zoellner. Viele sähen in ihr einen Vermögenschutz und eine Lösung für das Alter. Überraschend sei, dass nur 72 Prozent die Immobilie, als Sachwert benannt haben.
Für Finanz- und Versicherungsmakler Kai Friedrichsen, Itzehoe, haben Immobilien als Kapitalanlage ihre Berechtigung, weil die Schuldzinsen derzeit ein durchschnittliches Niveau haben. Ob die anfängliche Tilgung bei ein oder zwei Prozent liege, spiele für die Absetzbarkeit der Schuldzinsen für eine vermietete Immobilie keine Rolle, sagt Friedrichsen. Zudem können die Immobilien steuerlich abgeschrieben werden. Hinzu komme, dass die Immobilie nach zehn Jahren steuerfrei veräußert werden kann. Das Angebot sei derzeit knapp. Bei eigengenutzten Immobilien stehe vor allem das mietfreie Wohnen im Alter im Vordergrund. Der Eigentümer muss hier nur wissen, dass er die Schuldzinsen nicht geltend machen könne, so der zertifizierte Ruhestandsplaner.
Die Nachteile sieht Friedrichsen insbesondere in den gesetzlichen Regularien. Die Gesetzgebung sei hier relativ volatil. Insbesondere ältere Immobilien seien hier betroffen. Hier drohten Eigentümergemeinschaften teilweise Zwangssanierungen. Und das könne zu einem Problem werden, wenn keine Rücklagen vorhanden seien. Moderne Immobilien, oft mit KfW-Darlehen seien hiervon kaum betroffen. Bei offenen Immobilienfonds rät Friedrichsen derzeit zur Vorsicht. Die Situation ähnle aktuell sehr der letzten Immobilienkrise. Allerdings mache es Sinn, in Sachwerte wie Immobilen oder Gold zu investieren.
Das Edelmetall hat im vergangenen Jahr 2023 zwar eine Achterbahnfahrt hingelegt, als Kriseninvestment habe es aber in jedem Fall seine Berechtigung. Allerdings: Auf Gold gibt es keine Zinsen. Das müsse jeder wissen, so Friedrichsen. „Die Menschen kaufen in der Krise Gold. Silber, in der Schweiz steuerfrei im Zollfreilager gekauft, ist aber eine gute Alternative.“ Wenn man die Gold-Silber-Ratio berücksichtige, spreche derzeit alles für Silber, so Friedrichsen. Wenn sich das Verhältnis wieder ändere, könne man es dann umtauschen. Ein zollfreies Lager etwa in der Schweiz sei zudem sicherer als die eigenen vier Wände oder die Bank.
Nach der Drei-Speichentheorie sollte das Vermögen in drei Teile gesplittet werden: Aktienfonds, Edelmetalle und Immobilien. Gewinne ein Speiche Überhand sollte in eine unterbewerte umgeschichtet werden. „Das hat immer noch seine Gültigkeit.“
Gold habe den Ruf einer Krisenwährung, bestätigt auch Zoellner. „Wer an die ganz tiefen Krisen glaubt, also den Verlust von Immobilien, Geld, Aktien oder anderen Werten, der glaubt an Gold als Sicherung.“ Das könne man so sehen, müsse man aber nicht. „Gold ist kein produktives Vermögen. Die Rendite von Rohstoffen wie Gold werde durch Angebot und Nachfrage bestimmt. „Da gibt es keine Dividende, keinen Zins, keinen Ertrag. Für die langfristige Vorsorge halte ich Gold nicht so geeignet“, sagt Zoellner. Hinzu komme, dass derzeit die Preise hoch seien und der laufende Ertrag nicht gegeben. Edelmetalle im Portfolio seinen allenfalls als Beimischung zu empfehlen. „Für das Gros des deutschen Vorsorgesparers spielt Gold hingegen keine Rolle. Da geht es eher um die Frage, ob der überhaupt ein Stück weit ins Sachwert-Vermögen hineingehen will“, gibt Zoellner zu bedenken. Viele Sparer seien eher zinsgeprägt. Wenn die Kunden in weitgestreute Aktienfonds gehen würde, wäre in Deutschland bereits viel gewonnen. „Man kann auch mit Aktien und Renten ein Vermögen aufbauen“, sagt Zoellner.
Festgeld bleibt ein Klassiker
Schaut man auf die R+V-Studie zeigt sich, dass die Deutschen Spareinlagen wie Festgeld oder Tagesgeld immer noch ihr Vertrauen schenken. Für Finanzmakler Friedrichsen nachvollziehbar. Und gerade für Personen mit einem begrenzten Anlagehorizont, also Personen, die in Kürze in Rente gehen würden, durchaus ein Alternative. Der Zinsertrag von vier oder 4,2 Prozent auf Festgeld für zwei bis fünf Jahre biete derzeit eine gute Planungssicherheit. Bei höheren Anlagebeträgen gelte allerdings die Regel, bei keiner Bank mehr als 100.000 Euro anzulegen. Das ist die gesetzliche Einlagensicherungshöhe. Und man sollte in jedem Fall darauf achten, ein Einlagensicherungsland zu wählen, das verlässlich sei. „Also Deutschland, Frankreich, Niederlande, Österreich oder Schweden. Von Italien oder Rumänien rate ich eher ab.“
Die Einlagen in Tagesgeld und Festgeld waren selbst in Zeiten der Negativzinsen immens hoch, sekundiert Zoellner. Dass die Anlageklasse angesichts höherer Zinsen wieder attraktiv sei, hält er für nachvollziehbar. Wie viel Geld in der Asset-Klasse gehalten werden soll, lässt sich pauschal nicht beantworten. „Wenn ich auf die richtige Immobilie warte, muss das Geld eventuell zehn Jahre angelegt werden“, sagt Zoellner. Wenn das Geld erst in zehn Jahren benötigt werde, sei eine Investition im Kapitalmarkt aufgrund der Chancen auf höhere Renditen durchaus sinnvoll. Daher sei es für den Berater wichtig und als erstes zu bestimmen. „Das muss im Beratungsprotokoll festgehalten werden“, betont der zertifizierte Ruhestandsplaner.
Aktien und Fondspolicen - da geht noch mehr
Und wie steht es mit Aktien, Fonds oder fondsgebundenen Versicherungen? Was Wertpapiere betrifft, seien die Anleger hierzulande immer noch zurückhaltend. Allerdings müsse man hier unterscheiden: „Ein direkte Fondsanlage, also ein Fondsdepot ist eine geschützte Sondereinlage auf meinen Namen. Wenn ich über einen Versicherungsmantel spare, müsse das, was nach Abzug aller Kosten, übrigbleibe, eine sehr gute Rendite erwirtschaften“, erklärt Friedrichsen. „Der Vorteil eines Versicherungsmantels sei, dass man während der Laufzeit die Fonds auch wechseln könne. Anders als bei Aktiendepot sei ein steuerfreier Wechsel hier jederzeit möglich. Allerdings liefen viele Fondspolicen-Verträge derzeit nicht besonders erfolgreich. Gerade ältere Verträge aus den Jahren von 1998 bis 2007 würden vorzeitig gekündigt. „Die Rendite hat viele nicht überzeugt“, so Friedrichsen. Was laut dem Makler auch daran liege, dass viele ihr Fondsuniversum einmalig zusammenstellen und die Fonds danach nicht wieder wechseln würden. „Das ist wie ein Klavierspieler der nur zwei Tasten spielt. „Das funktioniert nicht“, sagt der Finanzmakler.
Auch Zoellner konstatiert, dass viele Anleger hierzuland gegenüber Aktieninvestments immer noch reserviert seien. Aber gerade die Möglichkeit, in breiter Streuung über Investmentfonds zu investieren biete die Chance, gute Realrenditen erzielen zu können. „Bei längerem Anlagehorizont gehören Aktien daher auf jeden Fall dazu. Der Zins ist zwar zurück, die Inflation eben auch“, sagt Zoellner.