Altersvorsorge: Ein Konto fürs Vermögen
In Sachen Altersabsicherung hat die Politik einiges erreicht. Seit 2001, als sich die Politik für den Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge entschied, hat die Riester-Rente die Hälfte der Berechtigten überzeugt. Dank der damals eingeführten Entgeltumwandlung haben auch heute rund 60 Prozent der Arbeitnehmer eine Betriebsrente.
Wie die Entwicklung aber zeigt, ist dieses wichtige Altersvorsorgeprojekt nicht abgeschlossen. Das hat auch damit zu tun, dass die Politik die Riester-Rente oder Entgeltumwandlung nicht obligatorisch gemacht hat. Gleichzeitig hat sie die Instrumente scharf reguliert – was die Komplexität des Themas erhöht und deren Attraktivität gemindert hat. So ist die Handhabung der Riester-Förderung ziemlich bürokratisch. Auch sind nicht alle Betriebsrenten übertragungsfähig.
Die Problematik ist der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD durchaus bewusst. Daher hat sie für diese Legislaturperiode eine „Stärkung“ der Riester-Rente angekündigt. Für die oppositionelle FDP geht die Ankündigung allerdings nicht weit genug. Sie fordert die Umsetzung eines radikalen Konzepts, das die Altersvorsorge vereinfachen und attraktiver machen soll: Ein Vermögenskonto für jeden Bürger.
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Vorteile des FDP-Kontos
Der Charme des Kontos liegt in seiner Schlichtheit: Jeder Bürger soll das Recht bekommen, bis zu 24.000 Euro jährlich und steuerfrei in das Konto einzuzahlen. Wie das Geld investiert wird, ob in ein kapitalmarktorientiertes Produkt wie einen Fonds oder mit einer Versicherung, entscheidet der Bürger. Das Konto behält er für sein ganzes Berufsleben, und ab 60 kann er die Ersparnisse – die dann besteuert werden – beziehen. Hier geht es darum, neben Versicherungen leistungsfähigere – aber auch vergleichsweise risikoreichere – Instrumente wie Fonds steuerlich zu fördern. Gerade in Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen, die die Leistung von Versicherungen drücken, sei dies notwendig, so FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler gegenüber procontra. Die betriebliche Altersversorgung (bAV) wird in dem FDP-Konzept nicht direkt behandelt. Aber: Auch Betriebssparer würden profitieren, da sie sich nicht mehr über eine nicht mitnahmefähige bAV ärgern müssten. Das private Vermögenskonto würden sie behalten, egal wie oft sie den Job wechseln.
Die Idee eines einfachen Altersvorsorgekontos ist nicht neu. Solche Konten gibt es seit einigen Jahrzehnten in den USA und seit 1999 in Großbritannien. Seitdem erfreuen sie sich großer Beliebtheit unter den Sparen dort. Im Jahr 2003, als die Nachfrage nach der Riester-Rente zunächst floppte, hatten sowohl der Fondsverband BVI als auch die Grünen selbst ein solches Konto gefordert. Doch daraus wurde nichts, weil die SPD – entweder als Koalitionspartner der Grünen bis 2005 oder als Partner der Union in den Jahren danach – die Reformen ihres Ex-Arbeitsministers Walter Riester wirken lassen wollten. Die Grünen denken heute nicht mehr so marktwirtschaftlich wie früher und wollen, dass der Arbeitgeber und nicht ein Finanzdienstleister ein Vorsorgekonto anbietet. Eine staatliche Instanz soll auch die Verwaltung des Kontos übernehmen; nur so gewährt man laut den Grünen niedrige Kosten und volle Transparenz.
Es wird jedoch kein Altersvorsorgekonto nach der Vorstellung der FDP oder Grünen geben, so lange sie selbst nicht an der Macht sind. Ihre letzte Chance dazu hatten sie nach der Bundestagswahl im Herbst 2017. Doch Klaus Morgenstern, Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA), ist skeptisch, ob jemals solch ein Konto eingeführt wird und begründet dies mit dem staatlichen Verständnis von Altersvorsorge. Darunter fielen eigentlich nur Versicherungen, weil sie das Langlebigkeitsrisiko absichern. „Alle anderen Sparanstrengungen dienen der Vermögensbildung und die ist Privatsache und steuerlich nicht zu fördern. Dazu mag man stehen wie man will, aber diese Auffassung herrscht bei der politischen Gestaltung von Altersvorsorgesystemen vor“, sagt Morgenstern.
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Problem: Langlebigkeitsrisiko
Die Haltung des Staates ist legitim, weil sie den Sparer vor Altersarmut schützen will. Bei einem Fondssparplan für die Altersvorsorge besteht das Risiko, dass der Sparer sein ganzes Vermögen schon kurz nach Renteneintritt aufbraucht. Daher schreibt der Staat beim geförderten Riester-Fondssparplan eine Rentenversicherung vor, die das Langlebigkeitsrisiko absichert. Andererseits geben Altersvorsorgeexperten wie Christof Quiring zu denken, dass sich auch Aktienfonds für eine langfristige Kapitalanlage eignen. „Wichtig ist dabei der Anlagehorizont: Kurzfristige Schwankungen sind ein ganz normaler Bestandteil der Märkte. Bei langen Laufzeiten tendiert das Verlustrisiko gegen null“, so Quiring, der bei der Fondsgesellschaft Fidelity die Investment- und Pensionslösungen leitet. Da sich übrigens eine kapitalmarktorientierte Variante von Riester längst etabliert hat, ist das Altersvorsorgekonto für den BVI in den Hintergrund gerückt. Auch zeigt sich der BVI mit der Schaffung einer nicht garantierten „Zielrente“ im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) zufrieden und verweist darauf, dass Betriebssparer noch mehr vom Kapitalmarkt profitieren dürften.
Vermögenskonto überflüssig?
Ist also die Forderung nach dem Konto überholt? Es kommt darauf an. Wenn die Regierung die Riester-Rente attraktiver machen und die Zielrente der bAV in Deutschland einen neuen Schub geben würde, könnte man die Frage bejahen. Sollten aber diese Ziele nicht erreicht werden, wäre es Zeit, ernsthaft über ein Modell wie das Vermögenskonto nachzudenken. Das Konzept beinhaltet eigentlich alles, was der Sparer bräuchte – ob eine klassische Versicherung mit Garantie oder einen kapitalmarktorientierten Fondssparplan.
Der Text erscheint mit zusätzlichen Grafiken in der kommenden procontra-Ausgabe.
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