Ein Quäntchen Luxus für Jeden
Wie wär´s mit einem echten Banksy? Oder einer Patek Philippe? Einem seltenen Ferrari? Oder doch lieber Diamanten? Vielen Anlegern dürfte dafür das nötige Kleingeld fehlen. Wer dennoch am Luxus-Segment partizipieren will, könnte zumindest einen Bruchteil der Preziosen erwerben oder vielmehr: darin investieren. Das Konzept, Eigentumsverhältnisse zu splitten, ist an sich nicht neu, so bietet beispielsweise das US-amerikanische Unternehmen NetJets bereits seit 60 Jahren das Teileigentum von Flugzeugen an. Auch der Verkauf von Eigentumsanteilen an Yachten oder Immobilien mag ein alter Hut sein. Allerdings war das Investment lange Zeit einer eher wohlhabenderen Klientel vorbehalten.
Heute ist das anders. Online-Plattformen wie Collectable, Masterworks oder Rares aus den USA bieten Kunden den Erwerb von Anteilseigentum schon für wenige Dollar an. Rares erwirbt beispielsweise wertvolle Turnschuhe, filetiert deren Gesamtwert in Einzelwerte und verkauft diese dann online. Am Nike Sneaker, Air Force 1 „Kobe Bryant“, mit einem geschätzten Wert von 14.000 Dollar, können sich Interessenten bereits mit sieben Dollar beteiligen (Stand November 2023). Insgesamt 2.000 Turnschuh-Bruchstücke können aktuell über Partner-Broker gehandelt werden. Wenn das Unternehmen den Schuh schließlich verkauft, erhalten die Anteilseigner ihr Geld. Allerdings steht der Handel nur US-Anlegern zur Verfügung.
Der deutsche Markt für Fractional Ownership
Hierzulande bietet das 2018 gegründete Berliner Start-up Timeless ein Plattform für sogenanntes Fractional Ownership an, doch wendet sich Timeless ausschließlich an Endkunden. Das Hamburger Unternehmen Finexity hingegen vertreibt seine Produkte auch über unabhängige Finanzberater und die Sparkasse. Finexity-Kunden können hier ab einem Investment von mindestens 500 Euro Anteile von kostbaren Boliden, Luxus-Immobilien und -Uhren, erlesenen Weinen, Streichinstrumenten, Renewables, Gemälden oder Edelsteinen erwerben.
Der Vermögensverwalter offeriert die gestückelten Sachwerte in Form indirekter Beteiligungen: Dabei hält die Gesellschaft die Vermögenswerte und gibt Aktien aus. „Direkte Beteiligung bedeutet, dass jemand wirklicher Eigentümer mit einem Bruchteil eines Vermögenswerts ist“, erklärt Paul Huelsmann, Vorstand der Finexity AG, den Unterschied. In Deutschland sind direkte Beteiligungen jedoch limitiert, eingeworbene Anlegergelder dürfen die Grenze von jeweils 100.000 Euro pro Unternehmen nicht überschreiten. Deswegen setzt Huelsmann auf die indirekte Variante, die zudem stärker reguliert sei: „Wenn eine Firma beziehungsweise Zweckgesellschaft ein Finanzprodukt wie eine Immobilie, ein Kunstwerk oder einen Oldtimer ausgibt, muss sie sicherstellen, dass es den aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Grundlagen entspricht.“
Das Geschäftsmodell
Tochterunternehmen erwerben für Finexity ein Asset wie eine Immobilie. Der Vermögenswert wird dann in Anteile gestückelt, die dann digital verbrieft, also in Token umgewandelt werden. Diese können Investoren dann kaufen. Eigentümer werden mit ihrem Anteil auf der Blockchain eingetragen. Die Technologie soll Geld sparen. Laut Huelsmann entfallen so bei einer Transaktion 80 Prozent der Gesamtkosten im Vergleich zur konventionellen Börse. Der Handel selbst ist kostenlos, Finexity erhebt Gebühren für die Lagerung und Versicherung eines Vermögenswertes in Höhe von durchschnittlich vier Prozent auf jeden investierten Euro, sowie zwei Prozent für die Produktstrukturierung.
Anleger profitieren im Fall von Immobilien-Investments von der Wertentwicklung und den Ausschüttungen, die von dem einzelnen Vermögenswert generiert werden. „Bei den anderen Assets gibt es das Geld erst nach Ablauf der Haltedauer oder wenn Anleger ihre Anteile auf der Plattform verkaufen.“ Die Haltedauer liegt je nach Produkt bei zwei bis 15 Jahren. Wird ein Produkt anschließend erfolgreich verkauft, gehen 80 Prozent des Gewinns an die Kunden, 20 Prozent an Finexity.
Das Start-up lässt die mögliche Rendite eines Produkts zuvor durch externe Gutachter und Banken schätzen. Über die Haltedauer entscheiden aber alleindie Produktmanager. Kunden haben dabei kein Mitspracherecht. Deswegen ist es laut dem Investment-Experten Christian W. Röhl besonders wichtig, dass Treuhänder, Assetverwahrer und Verbriefungsgesellschaft seriös sind.
Ungeklärte Fragen
Röhl sieht den anteiligen Besitz an Sachwerten kritisch. „Nach wie vor sind die Lagerung, Versicherung und Transaktionskosten ein Thema.“ Im vergangenen Jahr wurden bei einem spektakulären Einbruch in Berlin mehrere Uhren gestohlen, auch solche von Timeless. Allerdings waren sie entsprechend versichert. Zwar wird Anlegern der Kaufpreis und die Gebühr erstattet, ihr Gewinn ist indessen natürlich hin. „Wenn etwas wegkommt, können die Anbieter das Geschäft nicht mehr erfüllen“, so Röhl.
Auch das Thema Blockchain wirft ihm zufolge Fragen auf. „Es gibt hier noch keine Rechtstradition, die technischen Parameter ändern sich ständig und damit müssen auch die rechtlichen Bedingungen immer wieder angepasst werden.“
Potenzial für Kunden
Wahr ist aber auch: Mit Fractional Ownership lässt sich Geld verdienen. „Es gibt sowohl bei Finexity als auch bei Timeless erfolgreiche Exits von den ersten Anlagegütern“, berichtet Röhl. Eine Luxusuhr von Audemars Piguet, die Royal Oak, hatte Timeless im März 2021 mit 48.900 Euro bewertet, ein gutes Jahr später verkaufte das Unternehmen sie mit einem Plus von 84 Prozent für 90.000 Euro.
Angesichts solcher Erfolgsstorys interessieren sich immer mehr Kunden für den anteiligen Besitz. Der Versicherer Hiscox spricht von einem Trend mit großem Potenzial. „Abgesehen von Kunst-Objekten ist Fractional Ownership auch bei Ferienimmobilien und bei hochwertigen Oldtimern immer stärker im Kommen“, so Alina Sucker-Kastl, Underwriting Manager Art & Private Clients anlässlich des Hiscox Online Trade Art Reports 2023. Demnach wollen 61 Prozent der Befragten künftig auf diese Weise in Sammlerstücke investieren, bei jüngeren Käufern sind es sogar über drei Viertel.
Huelsmann von Finexity ist überzeugt, dass es sich um einen Wachstumsmarkt handelt, in den eher versierte Anleger gehen. „Das ist etwas für denjenigen, der sonst schon alles hat“, sagt auch Röhl. Er sieht das Investment lediglich als Ergänzung zu einem breiten Aktienportfolio.
Margenträchtig, aber zu kompliziert für Berater
Etwa 60 Prozent der Kunden erwerben die Wertpapiere über Finexity selbst, 40 Prozent der Klientel kommt über angeschlossene Partner oder Anlagevermittler, die sowohl 34f-Erlaubnis als auch eine Lizenz nach dem Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) haben müssen. Ohne die Lizenz kann man sich als Tippgeber anschließen. Wer Finexity über die zur Verfügung gestellten Werbemittel und Informationen weiterempfiehlt, erhält laut dem Unternehmen Provisionen von bis zu fünf Prozent bei Erstinvestments. „Stark regulierte und aufwendige Beratungsprozesse und Dokumentationsvorschriften entfallen für Tippgeber“, wirbt Finexity auf seiner Seite.
Für Berater kann das Geschäft durchaus erträglich sein. „Die Margen für den Vertrieb sind höher. Vorher lagen die Kosten allein für die Produkteinstellung bei zehn Prozent, jetzt sind es nur noch zwei Prozent. Dadurch haben die Berater acht Prozent gut, von denen sie vier oder sechs Prozent an die Investoren geben“, so Huelsmann. Weil alles digital läuft, ist der Abwicklungsaufwand für Berater gering.
Röhl jedoch bezweifelt das Interesse von Finanzberatern an dem Geschäft. „Ich möchte den Finanzanlagenvermittler sehen, der jetzt Token von einer Kunstsammlung verkauft und dann auch noch mit Provision. Aufwand und Risiko sind zu hoch.“ Da ist ein Aktienfonds oder eine Versicherung naheliegender. Fractional Ownership ist demnach eher etwas für Selbstentscheider.