Fondspolicen: Sind die Kosten zu hoch und intransparent?
Die Zeitschrift Finanztest hat in der April-Ausgabe 2022 die wichtigsten Tipps aufgelistet, welche Fondspolicen in der Rentenphase überzeugen. Klar ist: Je besser die ausgewählten Fonds oder ETF, desto besser die Performance der Police. Dabei können auch Vermittler helfen.
Schwieriger wird es bei den Kosten. Die sind seit jeher mehr oder weniger intransparent. Neue Fakten liefert eine Umfrage der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu Effektivkosten von klassischen und fondsgebundenen Policen mit Laufzeiten zwischen zwölf und 40 Jahren. In die Kennziffer fließen unter anderem Verwaltungskosten für die Fonds (Kapitalanlagekosten) und den Versicherungsmantel (Vertrags- und Risikokosten samt Abschlusskosten) ein.
Ergebnis, nachzulesen im Bafin-Journal 03/22 (Seiten 12 bis 15): Fondspolicen waren im ersten Halbjahr 2021 durchweg teurer als die Klassikpolicen, wobei die Kosten mit zunehmender Laufzeit relativ abnehmen. Auch zwischen den Gesellschaften streuten die Kosten deutlich, wobei die BaFin – wie immer – keine Namen nennt. Im gewichteten Mittel betrugen die Effektivkosten (TER) für eine Fondspolice mit 100 Euro Monatsbeitrag bei vier Eintrittsaltern zwischen 1,75 Prozent (40 Jahre Laufzeit) und 2,66 Prozent (12 Jahre Laufzeit).
Aufsicht sieht Verbesserungsbedarf
Die BaFin leitet daraus „Verbesserungsbedarf“ ab, auch wegen potenzieller Interessenkonflikte im Vertrieb. Hohe Kosten könnten darauf hindeuten, dass ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis von Fondspolicen nicht vorliegt, aber genau dafür müsse ein Versicherer im Produktfreigabeverfahren sorgen, schreibt die Behörde. Auch auf europäischer Ebene stehe das Preis-Leistungs-Verhältnis von Fondspolicen derzeit im Fokus der Aufsicht.
Doch die Umfrage findet nichts Skandalöses, im Gegenteil: Bei 30 Jahren Laufzeit sind laut BaFin-Umfrage bei 25 Prozent der Fondspolicen die Effektivkosten niedriger als 1,30 Prozent, bei 50 Prozent niedriger als 1,64 Prozent und bei 75 Prozent niedriger als 2,35 Prozent – im gewichteten Mittel also 1,9 Prozent. Es gebe jedoch Anbieter, bei denen die Effektivkosten der meistverkauften Fondspolicen oberhalb von 4,0 Prozent liegen, konstatiert die BaFin. Nicht gesondert ausgewiesen wurde, ob und wie ETF in Fondspolicen die Kosten verringert haben.
Effektivkosten bei langen Laufzeiten im Mittel vertretbar
Den meisten Fondspolicen beinhalten Aktienfonds, damit Kunden an den Chancen der Aktienmärkte teilhaben können. „Die im Mittel zu beobachtenden Effektivkosten erscheinen bei den längeren Laufzeiten angesichts dieser Zielsetzung vertretbar“, schreibt die BaFin. Die höheren Kosten in der Spitze ließen aber ernsthaft Zweifel, dass die Produktfreigabeverfahren den Interessen des Zielmarktes ausreichend Rechnung tragen.
Bei einem Drittel des Neugeschäfts der meistverkauften Fondspolicen zahlten die Fondsgesellschaften Rückvergütungen („Kickbacks“) an den Versicherer – im gewichteten Mittel pro Jahr gut 0,3 Prozent des Fondsguthabens, in der Spitze bis gut 1,2 Prozent. Bei etwa 80 Prozent dieser Policen sind spezielle Überschussanteile vorgesehen, mit denen die Versicherer ihre Kunden gezielt an den Kickbacks der Fonds aus der Police beteiligen. Im gewichteten Mittel werden etwa 52 Prozent der Kickbacks an die Kunden ausgeschüttet, bei rund einem Viertel der Policen sogar 100 Prozent.
Kickbacks der Fonds an Versicherer in Transparenz-Kritik
Besonders kritisch sind laut BaFin jedoch die restlichen 20 Prozent Fondspolicen, bei denen es solche Überschussanteile nicht gibt. Zwar erhöhten die Kickbacks auch dann das „übrige Ergebnis“, an dem die Versicherer Kunden zu mindestens 50 Prozent beteiligen müssen. „Diese Regelung greift jedoch nur bei einem positiven übrigen Ergebnis“, so die BaFin.
Apropos Kickbacks: Rückvergütungen, die Investmenthäuser an Fondspolicen-Anbieter zahlen, können Kunden und Vermittler oft nicht erkennen. Denn für einen transparenten Ausweis besteht keine Pflicht. Banken dagegen müssen Kickbacks offenlegen, die sie aus Ausgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungskosten erhalten, aber nicht an die Kunden weiterleiten.
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Wie das Geld bei Rückvergütungen fließt
Bei Kickbacks der Investmenthäuser an Versicherer gibt es keine Pflicht zur Offenlegung an Kunden oder Vermittler. Grund: Versicherer erwerben Fonds nicht im Auftrag ihrer Kunden, sondern kaufen auf eigene Rechnung. Da die Fonds im Besitz der Unternehmen verbleiben, findet auch kein Vermittlungsgeschäft statt. Daher fließt auch keine Provision, sondern die Fondsgesellschaft gibt an den Versicherer als Großeinkäufer nur die Kostenvorteile weiter.
Der Versicherer verbucht die Rückvergütungen in der Ertragsrechnung unter dem Posten „Übriges Kostenergebnis“ und rechnet die Kickbacks gegen die kalkulierten Kosten auf. Fallen diese dadurch niedriger aus, ergibt sich ein Überschuss. 50 Prozent davon müssen Versicherer an ihre Kunden weiterleiten. Die andere Hälfte des Kostenüberschusses dürfen Versicherer verwenden, wie sie wollen, also auch behalten, oder an die Vermittler zahlen. Nur gegenüber der BaFin müssen Versicherer die Höhe der Kickbacks offenlegen.
Mitunter gehen Kickbacks an Vermittler
Fondsgesellschaften zahlen mitunter auch Kickbacks an Vermittler. Nach Kenntnis der befragten Lebensversicherer geschieht dies in 19 Prozent der Fälle, schreibt die BaFin. In weniger als der Hälfte dieser Fälle kennen die Versicherer die Höhe dieser Kickbacks. Ohne dieses Wissen können sie jedoch nicht auf mögliche Interessenkonflikte einwirken, mahnt die Behörde.
Hinzu kommt: Rückvergütungen an Vermittler erhöhen nicht den Überschuss des Lebensversicherers – und damit auch nicht die Überschussbeteiligung der Kunden. De facto sei dies eine zusätzliche Vertriebsvergütung, die aus der Managementgebühr der Fondsgesellschaft finanziert wird und daher tendenziell die Kosten der Fondspolice erhöht. Damit könne das Preis-Leistungs-Verhältnis aus Kundensicht unangemessen sein.
Hintergrund: Die Fondsmanagementgebühren, aus denen die Kickbacks finanziert werden, gehören zwar zu den Effektivkosten, über die Kunden bei Vertragsabschluss zu informieren sind (nach Paragraf 2 Absatz 1 Nr. 9 VVG-InfoV). Sie zählen aber nicht zu den einkalkulierten Abschlusskosten, die den Kunden nach VVG-InfoV als einheitlicher Gesamtbetrag separat mitzuteilen sind. „So kann Kunden ein falscher Eindruck von der faktischen Gesamthöhe der Abschlusskosten vermittelt werden“, warnt die BaFin, die ja allenfalls die Versicherer an die Kandare nehmen kann, nicht aber die Vermittler.
BdV: im Schnitt 26 Prozent Kosten bei Fondspolicen
Dem Bund der Versicherten (BdV) war die BaFin-Analyse offenbar zu freundlich. Auf Basis der BaFin-Daten wurden die Effektivkosten vom BdV umgerechnet – auf die Wertentwicklung analog Rechnungszins 0,25 Prozent bei klassischen Policen bzw. 6,0 Prozent bei Fondspolicen –, also der tatsächliche Abzug vom Nettobeitrag des Kunden errechnet.
Ergebnis: Bei einer Fondspolice werden danach im Mittel der vier Laufzeiten knapp 26 Prozent der Sparleistung mit Kosten belastet, bei einer Klassik-Police knapp 16 Prozent. Bei 30 Jahren Laufzeit koste eine Fondspolice laut BdV 29,2 Prozent der eingezahlten Nettobeiträge. Wenn Versicherer bei den für Kunden riskantesten Angeboten die höchsten Kosten ansetzen, widerspreche das dem Versicherungsprinzip, so BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein.
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