Zu niedriger Risikofaktor?

Verbraucherschützer klagen gegen offenen Immobilienfonds

Die Abwertung des offenen Immobilienfonds „UniImmo: Wohnen ZBI" hat ein juristisches Nachspiel. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg stößt sich am niedrigen Risikofaktor des Fonds und zieht vor Gericht. Derweil droht auch aus anderer Richtung weiterer Gegenwind.

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15:10 Uhr | 14. Oktober | 2024
Gebäude von Union Investment

Die Abwertung des UniImmo: ZBI Wohnen hat ein juristisches Nachspiel.

| Quelle: Union Investment

Die Betreiber offener Immobilienfonds haben derzeit einen schweren Stand: Nicht nur, dass sie sich seit Monaten mit hohen Nettomittelabflüssen konfrontiert sehen. Zusätzlich sieht sich die ZBI Fondsmanagement GmbH, die hinter dem im Sommer stark abgewerteten „UniImmo: ZBI Wohnen“ steht, nun einer Klage ausgesetzt.

Eine solche hat die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg eingereicht. Die  Verbraucherschützer stoßen sich vor allem am niedrigen Risikofaktor von 2, der für den Fonds angegeben wird. Im Sommer war bekannt geworden, dass der Fonds, der in deutsche Wohnimmobilien investiert, eine deutliche Abwertung vornehmen musste, die Anteilspreise sanken um gut 17 Prozent. „Über Nacht haben die Anleger:innen damit insgesamt rund eine Milliarde Euro verloren“, kritisiert die Verbraucherzentrale in einer aktuellen Pressemitteilung.

Für viele Anleger war diese Herabstufung des Portfolios sicherlich eine unerfreuliche Überraschung. Und hier setzt dann auch die Klage der Verbraucherschützer ein. Denn ein Risikofaktor von zwei suggeriert, dass das Risiko möglicher Verluste als gering eingeschätzt wird.

Niedrige Risikoklassen

„Dass offene Immobilienfonds die gleiche oder sogar eine niedrigere Risikokennzahl haben als ETFs auf kurzfristige deutsche Staatsanleihen, ist geradezu absurd“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Viele offene Immobilienfonds sind in die Risikoklasse 2 eingruppiert, manche sogar in die Risikoklasse 1.

Dies ist nach Einschätzung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg viel zu niedrig. Gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte (PRIIP-Verordnung) hätte laut Verbraucherzentrale ein Risikoindikator von sechs angegeben werden müssen.

Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf den Jahresbericht der ZBI von Ende September dieses Jahres. Hier ist zu lesen, dass die Immobilien nach Erwerb alle drei Monate von Gutachtern bewertet und ihr Verkehrswert ermittelt wird. „Für eine Risikoeinstufung von 2 ist aber gesetzlich gefordert, dass die Werte mindestens monatlich ermittelt werden, wenn es keine geeignete Benchmark und keine geeigneten Stellvertreter gibt, deren Preise mindestens monatlich ermittelt werden“, heißt es in der Mitteilung weiter.

Sollten die Gerichte dieser Argumentation folgen, hätten Anleger des „UniImmo: Wohnen ZBI“ laut Nauhauser die Möglichkeit, Schadenersatz zu verlangen. Dafür müssten sie jedoch glaubhaft machen können, dass sie den Fonds nicht gekauft hätten, wenn im Basisinformationsblatt eine Risikokennzahl von sechs angegeben worden wäre.

Bei der Union Investment sieht man den Fall naturgemäß anders. Auf procontra-Nachfrage erklärte ein Sprecher, dass die Risikoeinstufung des Fonds im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften stehe. Folglich bestünde kein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber der ZBI Fondsmanagement GmbH.

Die Klage der Verbraucherschützer betreffe keinen Themenkomplex, der spezifisch die ZBI Fondsmanagement GmbH betreffe. Vielmehr wenden sich die Verbraucherschützer prinzipiell gegen die Risikoeinstufung offener Immobilienfonds. Die seitens der Verbraucherzentrale vertretene Auffassung entspräche aber nicht der geltenden Rechtslage, so dass man sich gegen die Klage verteidigen werde.

Klagen wegen Falschberatung

Auch von anderer Seite droht dem Fonds bzw. dessen Vertriebspartnern Ungemach. So hat die Kanzlei Goldenstein Rechtsanwälte Klage gegen die Volksbank Böblingen wegen Falschberatung eingereicht. Der Vorwurf: Die Mitarbeiter der Bank hätten den Fonds als sichere Anlage für risikoscheue Investoren vertrieben.

In einer aktuellen Pressemitteilung teilt Kanzleigründer Claus Goldenstein mit, dass sich allein in seiner Kanzlei bereits über 1.000 betroffene Anleger gemeldet hätten. In einem Fall hätte eine Frau ihr gesamtes Erbe in Höhe von 200.000 in den Fonds investiert und davon mittlerweile 50.000 Euro verloren, da ihr laut Goldenstein mehrfach geraten wurde, nicht aus dem Fonds auszusteigen.

Die offenen Immobilienfonds haben derzeit mit einer Krise am Immobilienmarkt zu kämpfen. Die Preise für Wohn- sowie Gewerbeimmobilien gaben in den vergangenen Jahren deutlich nach. Die Anteilpreise der Fondsgesellschaften spiegeln diese Entwicklung jedoch nur zeitversetzt wider.