Kolumne

Neue Kommission, neue Chancen: Jetzt den blinden Fleck beim Klimaschutz angehen

Klimaschutz lässt sich nicht vertagen, aber effizienter gestalten. Würde zum Beispiel die Taxonomie neu sortiert, könnte beim Gebäudebestand viel erreicht werden, meint Jochen Schenk, Vizepräsident des Zentralen Immobilien Ausschusses.

09:10 Uhr | 22. Oktober | 2024
Jochen Schenk ist Vizepräsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA)

Jochen Schenk ist Vizepräsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA)

| Quelle: Laurence Chaperon

Ursula von der Leyen, die alte und neue Präsidentin der Europäischen Kommission, hat die Lage zum Start in ihre zweite Amtszeit schnörkellos beschrieben: „Wir müssen schneller und einfacher werden, denn Europa dekarbonisiert und industrialisiert sich gleichzeitig.“ Keine Frage, der Green Deal, in besseren Zeiten gestartet, muss nun in einer angespannten Weltlage und unter ökonomisch härteren Bedingungen vorangetrieben werden. Schwierig genug. Nur: Klimaschutz lässt sich nicht vertagen – wohl aber lässt er sich effizienter gestalten. Und hier gibt es noch Chancen, die bisher kaum genutzt werden. In der Taxonomie steckt allein für den Gebäudesektor ein riesiges Potenzial, das einfach nur erschlossen werden muss.

Die Lage: Bisher lenkt Taxonomie die Kapitalströme fast ausschließlich in Gebäude, die aufgrund der Bauanforderungen ohnehin besonders energiesparend und emissionsarm sind, während der Gebäudebestand weitgehend außen vor bleibt. Das ist etwa so, als würde der Fußballtrainer immer nur seinen exzellenten Torwart drillen, während die Kondition der Stürmer von Woche zu Woche schlechter wird. So wird die Elf ihr Ziel kaum erreichen!

Zeit zum Umdenken

Die Taxonomie muss an diesem Punkt neu sortiert werden. Nur, wenn große Verbesserungen am Gebäudebestand auch als taxonomiekonform klassifiziert werden, wird privates Kapital fließen und wird die Bankfinanzierung gelingen. Dabei verhalten sich die Investoren bisher nur logisch: Es fehlt an Anreizen, privates Kapital für das Renovieren des Bestandes einzusetzen, und genau diese Anreize braucht es jetzt.

Die Sache lohnt sich doppelt – für Investorinnen oder Investoren und fürs Klima. Denn Verbesserungen eines Gebäudes von Energieklasse G zu F bringen etwa doppelt so viel wie von B auf A. Mit – vergleichsweise – geringem Aufwand lassen sich ineffiziente Gebäude energetisch deutlich upgraden. Zum Beispiel auf ein C

Und diese Lücke in der Taxonomie sollten die Damen und Herren in Brüssel, die sich ja gerade neu als Kommission aufstellen, jetzt unbedingt schließen. „Für die Jugend steht das Jahr 2030, 2040, 2050 vor der Tür. Sie wissen, dass wir Klimaschutz und eine gesunde Wirtschaft unter einen Hut bringen müssen“, sagte von der Leyen, „und sie würden es uns nie verzeihen, wenn wir uns vor dieser Herausforderung drücken würden.“

Schwierige Sache? Nicht alles an dieser Mammutaufgabe ist schwer. Die Philosophie „worst first“ ist schon bestens bekannt von der Gebäudeeffizienzrichtlinie EPBD. Sie ist so angelegt, dass die Sanierung der energetisch am schlechtesten sanierten Gebäude den größten Beitrag beim Energieeinsparen leisten sollen. Diese Philosophie ließe sich mühelos auf die Taxonomie für Gebäude übertragen. Europa kann hier also von Europa lernen. Jetzt ist die Zeit.