Finanzbildung

Braucht es ein Werbeverbot für Finfluencer?

Die Zahl der Finanz-Influencer in den sozialen Medien hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Nun gibt es einen Vorstoß, der eine strengere Regulierung derer Marketing-Aktivitäten fordert. Ist ein solcher dringend nötig? Und beeinflusst er auch Versicherungsmakler?

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13:04 Uhr | 15. April | 2024
Finfluencer

Die Zahl der sogenannten Finfluencer ist insbesondere seit der Corona-Pandemie merklich angestiegen.

| Quelle: BestForBest

„Influencer-Marketing muss strenger reguliert werden.“ So steht es in einem aktuellen Autorinnenpapier der zwei Grünen-Bundestagsabgeordneten Linda Heitmann und Tabea Rößner, das diese im Hinblick auf die noch zu erarbeitende EU-Verbraucherrechtagenda 2005-2030 an die EU-Kommission geschickt haben. Eine strengere Regulierung sollte auch ein Werbeverbot für bestimmte Produktarten, schlagen die beiden Abgeordneten vor – darunter auch Finanzprodukte.

„Das Ziel der Regulierung von Influencer-Marketing ist es, Verbraucher:innen vor fragwürdigen Produkten und dubiosen Geschäftspraktiken zu schützen. Gerade im Finanzbereich tappen viele Menschen in die Falle unseriöser Praktiken und werden geschädigt. Und besonders bei der Altersvorsorge, bei Versicherungen geht es um richtig viel Geld, es geht um Existenzen. Die Leute sollen nicht um ihr Erspartes gebracht werden“, heißt es von Rößner auf procontra-Nachfrage. 

Zahl der Finfluencer wächst

Wer auf Tiktok, Instagram oder Youtube sucht, wird schnell fündig: Zahllose Kanäle haben sich in den sozialen Medien dem Thema Finanzen verschrieben. Neben grundlegenden und durchaus seriösen Informationen zum Thema Geldanlage finden sich hier auch unzählige User, die den Zuschauern schnellen Reichtum versprechen. „Jeder kann es schaffen“, lautet die hier oft vermittelte Botschaft – man müsse nur dem Beispiel der Finfluencer folgen und in bestimmte Assets, beispielsweise Kryptowährungen, investieren. Alternativ wird versucht, kostspielige Coachings an den Mann oder die Frau zu bringen, in dem es neben Anlagetipps auch um das richtige Mindset gehen soll.

Die Zahl der Geldflüsterer hat dabei in den vergangenen Jahren, insbesondere während der Corona-Pandemie, stark zugenommen, wie eine Studie der HHL Leipzig Graduate School of Management in Zusammenarbeit mit der Fachholschule St. Pölten und der Beratungsagentur Paradots zeigt. Und diese erreichen ein immer größeres Publikum. „Viele der führenden Finfluencer haben ihre Followerzahlen in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt“, sagt Eloy Barrantes, CEO von Paradots. Die größten Accounts erreichen dabei mittlerweile mehrere Hunderttausend Follower. Ihre Erfolgsformel: die Verknüpfung von Investmentthemen mit persönlichen Geschichten und Emotionen. „Finfluencing ist eine Form des Infotainments“ erklärt Monika Kovarova-Simecek, Leiterin des Studiengangs Digital Business Communciations der FH St. Pölten.

Interessant bleibt die Frage, ob die vermittelten Inhalte der Finfluencer tatsächlich auch zu konkreten Entscheidungen seitens der Follower führen. Und tatsächlich: Von 232 befragten Followern gab rund die Hälfte (49 Prozent) an, schon einmal eine Investition getätigt zu haben, nachdem ein Finfluencer diese empfohlen hatte. Der Großteil der Umfrageteilnehmer gab dann auch an, dass die Entscheidungen bzw. Inhalte von Finfluencern Einfluss auf ihre eigene Geldanlage haben: 43 Prozent bewerteten diesen Einfluss als mittel, weitere 53 Prozent immerhin noch als geringfügig.

Wir als Versicherungsmakler haften dagegen für unsere Empfehlungen, haben eine entsprechende Qualifikation und müssen uns jedes Jahr verpflichtend weiterbilden. Dies stellt eine absolute Unverhältnismäßigkeit dar.
Bastian Kunkel

Viele Tipps führen zu Verlusten

Für die Follower wächst hierdurch die Gefahr, schlechten oder sogar schlicht falschen Anlage-Tipps aufzusitzen. Denn nur ein Bruchteil der in den sozialen Medien auftretenden „Experten“ weiß tatsächlich, wovon er spricht. Eine Untersuchung des Swiss Finance Institute von 29.000 Finfluencern kam zu dem Ergebnis, dass über 50 Prozent der Finfluencer-Tipps so schlecht waren, dass sie für den Anleger zu Verlusten führten.

Die Schwemme an selbsternannten Experten im Netz rief auch bereits die Finanzaufsicht auf den Plan. „Wer solchen Tipps blind folgt, riskiert Kapitaleinbußen bis hin zum Totalverlust“, warnt die Bafin in einem Beitrag auf ihrer Seite. Besonders, da auch einige Tippgeber mit unredlicher Motivation unterwegs sind.

Ein Verbot der Bewerbung von Finanzprodukten durch die Influencer könnte zumindest den unseriösesten Vertretern der Branche den Stecker ziehen. Entsprechend stößt ein solcher Vorstoß auch bei Versicherungsmaklern auf Wohlwollen. „Das Problem ist, dass einfach jeder aktuell Finanz- und Versicherungstipps geben kann, ohne irgendeine Qualifikation vorweisen zu müssen und auch ohne irgendwelche Konsequenzen befürchten zu müssen“, bemerkt Versicherungsmakler Bastian Kunkel, der ebenfalls einen reichweitenstarken Youtube-Kanal betreibt, auf procontra-Nachfrage.  „Wir als Versicherungsmakler haften dagegen für unsere Empfehlungen, haben eine entsprechende Qualifikation und müssen uns jedes Jahr verpflichtend weiterbilden. Dies stellt eine absolute Unverhältnismäßigkeit dar.“ Der Verbraucher könne schlicht und einfach kaum bewerten, welches Angebot seriös und welches unseriös ist.

Was bedeutet der Vorstoß für Makler?

Seine eigene Tätigkeit in den sozialen Netzwerken sieht er durch den Vorstoß der zwei Grünen-Bundestagsabgeordneten nicht beeinträchtigt. „Wir sind eben kein klassischer Influencer. Wir betreiben hauptsächlich Marketing für unsere eigenen Dienstleistungen auf Social Media. Und hier haften wir ja auch wiederum innerhalb unserer Beratung für unsere Empfehlungen.“ Zwar gebe es vereinzelt auch bei ihm Influencer-Kooperationen. Diese sieht er von einem Werbeverbot, wie nun vorgeschlagen, jedoch nicht betroffen. „Und sollten diese wirklich davon betroffen sein, könnten wir damit sehr gut leben.“

Allerdings bleibt die genaue Ausgestaltung eines entsprechenden Gesetzes, in diesem Fall die EU-Verbraucherrechtagenda, abzuwarten. Erst dann könne man einschätzen, wie praxistauglich diese sei.

Ein komplettes Verbot von Werbekooperationen ist aus Kunkels Sicht zudem nicht sinnvoll. Schließlich gebe es auch sehr gute „Finfluencer“. „Diese machen einen echt guten und auch wichtigen Job, was die finanzielle Aufklärung und Bildung angeht“, so Kunkel. Mit einem generellen Werbeverbot, würde man diese jedoch die Lebensgrundlage wegnehmen. 

Dass Makler von Finfluencern auch profitieren können, bestätigte auch Makler Sebastian Hambacher gegenüber procontra vor einigen Jahren. „„Ich erlebe es immer wieder, dass Kunden durch Finfluencer auf eine bestimmte Spur gebracht werden. Daraufhin buchen sie bei mir einen Termin, um sich dazu beraten zu lassen.“

Letztlich gilt also auch bei einem Werbeverbot für Finfluencer – wie bei eigentlich allem im Leben – die Devise Florett statt Holzhammer. Oder einfach: Auf die Details kommt es an.