Analyse des deutschen Fondsverbands

Provisionsverbot mindert Rendite und hält Anleger vom Aktienmarkt fern

Immer wieder wird gewarnt, ein Provisionsverbot in der Finanzberatung könnte Anleger den Gang auf das Börsenparkett verleiden. Der deutsche Fondsverbands sieht diese Befürchtung vor dem Hintergrund seiner aktuellen Auswertung bestätigt.

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16:08 Uhr | 14. August | 2023
Mairead McGuinness

Die Pläne von EU-Kommissarin Mairead McGuinness führen erneut zu heftiger Kritik. Der deutsche Fondsverband BVI hat Daten von Versicherungen, Aktien, Anleihen, Investmentfonds und Bankeinlagen seit 1999 ausgewertet und warnt nun abermals eindringlich vor den Folgen eines Provisionsverbot.

| Quelle: thierry monasse/kontributor

Im Mai dieses Jahres hat EU-Kommissarin Mairead McGuiness ihre Pläne zur Kleinanlegerstrategie vorgestellt. Das Echo war anschließend entsprechend groß. Auch der Fondsverband BVI erklärte: „Das Provisionsverbot im beratungsfreien Vertrieb lehnen wir ebenso ab wie die zusätzlichen Anforderungen an die Provisionsberatung. Diese Maßnahmen werden den seit MiFID II ohnehin schon sehr hohen Anlegerschutz nicht weiter steigern“, so Thomas Richter, BVI-Hauptgeschäftsführer.

Jetzt legt der Verband nach, nachdem er Daten der Europäischen Zentralbank und der englischen Statistikbehörde ausgewertet hat. „Ein Provisionsverbot führt nicht zu höheren Renditen für Privatanleger und verhindert sogar, dass diese sich stärker an den Kapitalmärkten beteiligen“, warnt der BVI in einer aktuellen Stellungnahme.

„In Ländern ohne Verbot erzielten die privaten Haushalte eine Performance von 0,50 Prozent pro Quartal. Niederländische Anleger konnten eine etwas höhere Rendite erzielen (0,57 Prozent); davon können nur etwa 0,04 Prozentpunkte auf das Verbot zurückgeführt werden, der Rest ist auf länderspezifische Faktoren zurückzuführen. Die Haushalte im Vereinigten Königreich hatten mit deutlich niedrigeren Portfoliorenditen zu kämpfen (0,33 Prozent)“, schreiben die Autoren in der Auswertung.

Für die Analyse hat sich der BVI öffentlich verfügbare Daten zu Versicherungen, Aktien, Anleihen, Investmentfonds und Bankeinlagen zwischen 1999 bis Ende März dieses Jahres angesehen. Und kommt nun zu dem Schluss: „Die EU-Kommission untergräbt mit dem Vorschlag eines Provisionsverbots ihre eigenen Ziele“, moniert Richter.  

EU gehe von falscher Annahme aus

So habe McGuinness zwar vorerst auf ein umfassendes Provisionsverbot verzichtet. „Doch die Idee ist noch nicht vom Tisch.“ In einem ersten Schritt sollen Provisionen im beratungsfreien Vertrieb verboten werden, um Produktkosten zu senken. „Die Kommission geht davon aus, dass dadurch die Rendite des Geldvermögens (Portfoliorendite) der Anleger steigt.“

Die BVI-Studie zeige allerdings, dass diese Annahme nicht zutrifft. Demnach habe sich weder in den Niederlanden noch in England, wo das Provisionsverbot bereits umgesetzt worden ist, die Rendite zu besseren gewendet. Das liegt unter anderem daran, dass die Vertriebskosten eben gerade nicht gesunken, sondern lediglich gesondert – als Honorar – gezahlt worden sind. Ein anderer Grund könnte darin bestehen, dass die zuvor gewählten Anlageoptionen nicht „unterdurchschnittlich oder übermäßig riskant“ waren, wie die Europäische Kommission in ihrer Folgenabschätzung behauptet habe.

Eine weitere Rolle könnten Veränderungen in der Zusammensetzung des Finanzvermögens der privaten Haushalte spielen, die etwaige Gewinne aus kostengünstigeren Optionen ausgleichen. Das könnte auf eine „Beratungslücke“ zurückzuführen sein, also auf eine geringere Kapitalmarktbeteiligung von Kleinanlegern, die nicht bereit seien, im Voraus für eine Beratung zu zahlen und sich auch nicht an selbstgesteuerten Anlagen beteiligen wollen.

Renditeverlust von rund 20.000 Euro

Damit bestätigt sich eine schon häufig ins Feld geführte Argumentation, derzufolge Privatanleger durch ein Provisionsverbot noch seltener den Gang auf das Börsenparkett wagen könnten. Laut der BVI-Auswertung trifft genau das auch zu. Um durchschnittlich 340 Euro pro Person ist das investierte Volumen in den beiden Ländern zurückgegangen. Hochgerechnet auf 30 Jahre bei einer angenommenen Wertsteigerung von sechs Prozent entstehe daraus ein Renditeverlust von rund 20.000 Euro.

„Unser Ergebnis hat schwerwiegende politische Folgen, da es die Hauptargumente in Frage stellt, die die Europäische Kommission in ihrem jüngsten Vorschlag zur Kleinanlagestrategie (RIS) vorbringt“, heißt es in der Analyse.