Verstoß gegen Wettbewerbsrecht

Strukturvertrieb vs. Makler: Entscheidend ist der Kundenwille

Ein Strukturvertrieb hatte trotz fehlender Kontakterlaubnis versucht, einen ehemaligen Kunden zurückzugewinnen - schließlich hätte dessen Makler auch gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Doch mit dieser Argumentation scheiterte der Vertrieb vor dem Landgericht Hannover.

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13:09 Uhr | 16. September | 2024
Ein Richterhammer liegt vor einer Waage

Das Landgericht Hannover hat bekräftigt, dass Rückholanrufe ohne Kundeneinwilligung wettbewerbswidrig sind.

| Quelle: Alexander Sikov

Ein Strukturvertrieb darf nicht versuchen, seine ehemaligen Kunden zurückzugewinnen, wenn dieser dem nicht zugestimmt hat. Da spielt es auch keine Rolle, dass der neue Versicherungsmakler, bei dem der Kunde nun untergeschlüpft ist, selbst wettbewerbswidrig gehandelt hat. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Hannover aus dem vergangenen Jahr hervor (Az: 26 0 247/23, Urteil vom 13. Oktober 2023), auf das die Rechtsanwaltskanzlei Wirth hinweist.

Konkret geht es um einen Versicherungsmakler, der vor seinem Wechsel in die Maklerschaft bei der ProVentus AG – einem Strukturvertrieb - als Handelsvertreter tätig war. Als er sich schließlich entschied, selbstständiger Versicherungsmakler zu werden, erklärte einer seiner bisherigen Kunden, auch zukünftig von ihm betreut werden zu wollen. Entsprechend übertrug er ihm das Maklermandat. Dem Strukturvertrieb widerrief er indes die bislang bestehende Kontakterlaubnis.

Strukturvertrieb meldet sich dennoch

Daran hielt sich der Strukturvertrieb jedoch nicht. Eine Mitarbeiterin kontaktierte den ehemaligen Kunden: erst – vergeblich – per Telefon, schließlich per Mail. Hier heißt es:

Sehr geehrter Herr (Name),  

wie Ihnen in der letzten Mail von ProVentus mitgeteilt wurde, hat sich Ihr zuständiger Betreuer geändert. Ich habe Sie versucht telefonisch zu erreichen, leider hat dies nicht geklappt.  

Ich würde mich gerne einmal bei Ihnen persönlich vorstellen, denn ich bin Ihre neue Ansprechpartnerin. Über eine Rückmeldung Ihrerseits würde ich mich freuen, anbei meine Kontaktdaten.

Herzliche Grüße,

Vor Gericht argumentierte die ProVentus AG, der Makler habe selbst gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. So habe er Vertriebspartner des Unternehmens via WhatsApp bzw. Youtube kontaktiert und diese aufgefordert, ihre Kunden umzudecken. Dies sei ein klarer Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht – der Strukturvertrieb sei entsprechend berechtig gewesen, sich zu verteidigen. Zudem sei die Kontaktaufnahme mit dem ehemaligen Kunden berechtigt, um diesen über die Folgen der Kündigung zu informieren. 

Doch diese Argumentation ließ das Gericht nicht gelten. Das Gericht stellte fest, so schildert es der prozessführende Anwalt Daniel Berger, dass selbst eventuell unlautere Methoden des Maklers die wettbewerbswidrigen Handlungen des Strukturvertriebs nicht rechtfertigen. Der Schutz des Verbrauchers – in diesem Fall dessen Schutzbedürftigkeit gegenüber unzumutbarer Belästigung – habe hier Vorrang.

Der Strukturvertrieb habe somit keine Berechtigung gehabt, den Kunden erneut zu kontaktieren, nachdem dieser die Kontakterlaubnis widerrufen hatte. Den Versuch, den Kunden mittels Mails bzw. Anrufen zurückzugewinnen, stellt nach Ansicht des Gerichts eine unzumutbare Belästigung dar und sei wettbewerbswidrig. Bei einem Verstoß gegen die einstweilige Verfügung droht nun ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro bzw. eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten.

Kundeninteresse ist entscheidend

„Leider sind solche Verfahren immer wieder erforderlich, obwohl die Spielregeln eigentlich allen klar sein müssten“, kommentierte Rechtsanwalt Berger den Urteilsspruch. „Bemerkenswert hier ist besonders, dass das Gericht sich auch mit den angeblichen Wettbewerbsverstößen des Antragsstellers, des Maklers, beschäftigen musste. Aber die Ansage des Gerichts ist klar: Hier gibt es keine Aufrechnung der – angeblichen – jeweiligen Verstöße. Das Kundeninteresse und der Kundenwille sind entscheidend.“