Altersvorsorge

So unterschätzen die Deutschen ihre Lebenserwartung

Die meisten Bundesbürger leben länger als sie glauben – das hat drastische Folgen für die eigene Altersvorsorge: Ein Großteil der Deutschen verlässt sich immer noch ausschließlich auf die gesetzliche Rente.

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13:07 Uhr | 03. Juli | 2023
Mann steht im Meer zwischen Weckern

Ein Großteil der Bundesbürger verschätzt sich in puncto Lebenserwartung eklatant und liegt mit seiner Prognose im Schnitt fünf Jahre unter der statistischen Berechnung.

| Quelle: mikkelwilliam

Die Deutschen werden immer älter. Diese vermeintliche Binsenweisheit wird von den meisten Bundesbürgern erheblich unterschätzt. So liegt nach einer aktuellen Erhebung, die das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW) im Februar und März dieses Jahres durchführte, ein Großteil der Bevölkerung bei der Einordnung der eigenen Lebensdauer weit daneben. Das hat möglicherweise fatale Folgen für die eigene Altersvorsorge.  

Lebenserwartung um fünf Jahre unterschätzt

Konkret hatten die Befragten in der IW-Analyse anzugeben, wie hoch sie die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen und Männern ab 65 Jahren hierzulande einschätzen. Im Median gaben die Teilnehmer des Umfrage-Panels an, dass bei Frauen die Lebenserwartung bei 81 Jahren liege, während Männer im Durchschnitt 78 Jahre alt würden – damit weichen ihre Prognosen mehrere Jahre von den aktuellen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes ab. Demnach werden Frauen, die heute 65 Jahre alt sind, im Schnitt 86,1 Jahre; bei Männern in demselben Alter sind es 82,9 Jahre.

„Die Lebenserwartung von Männern und Frauen wird somit jeweils um fünf Jahre unterschätzt", schreibt Studienautorin Ruth Maria Schüler. Das bestätige Untersuchungen, nach denen sich Befragte eher am erreichten Alter der Großeltern oder Eltern orientieren, das „niedriger liegt als die zukünftige Lebenserwartung“. Auch wenn die falsch eingeschätzte Lebenserwartung „nur“ fünf Jahre unter der tatsächlichen liegt, sind die Auswirkungen auf die eigene Vorsorge mitunter erheblich. So weist Schüler darauf hin: „Wenn ich nur 15 Jahre nach dem Renteneintritt vorgesorgt habe, am Ende aber 20 Jahre lebe, sinkt der Lebensstandard in den letzten fünf Jahren möglicherweise stark."

In dem Zusammenhang überrascht ein anderes Umfrageergebnis der IW-Studie nicht: Auf die Frage, auf welche Renten- und Pensionsansprüche man im Alter Anspruch habe, antwortete mit 41 Prozent der größte Anteil der Befragten, ausschließlich die gesetzliche Rente beziehungsweise eine Beamtenpension zu besitzen. Auf eine Kombination aus gesetzlicher Rente bzw. Beamtenpension und bAV greifen immerhin 16,2 Prozent der Befragten zurück und 14,1 Prozent setzen auf alle drei Säulen – gesetzliche Rente, bAV und private Vorsorge. 13,9 Prozent haben parallel zur gesetzlichen Rente eine zusätzliche private Vorsorge abgeschlossen und 0,9 Prozent gaben an, über keine Altersvorsorge zu verfügen.   

Frauen schließen häufiger Riester-Renten ab

Weitere Ergebnisse der IW-Befragung: Menschen mit niedrigem Einkommen sorgen unterdurchschnittlich betrieblich und privat vor. Frauen sorgen seltener betrieblich vor, verfügen aber häufiger über eine Riesterrente als Männer. Grundsätzlich könnten niedrigere Vorsorgebemühungen neben „unzureichenden Sparkapazitäten oder einer höheren Präferenz für Gegenwartskonsum“ auch „an einem mangelnden Informations- oder Kenntnisstand bezüglich des Themas Alterssicherung liegen“, fügt Studienautorin Schüler hinzu.  

Um an dieser Stelle Abhilfe zu schaffen, ist seit vergangenem Freitag die digitale Rentenübersicht der Bundesregierung im Netz verfügbar. Ab sofort können sich unter  www.rentenuebersicht.de alle Interessierten einen Überblick über ihre Rentenansprüche aus gesetzlicher, betrieblicher sowie privater Altersvorsorge verschaffen. Mit Hilfe des Portals sollen Vorsorgelücken schneller sichtbar werden, um so besser gegensteuern zu können. Aktuell befindet sich die digitale Rentenübersicht noch in einer Testphase, in der Erfahrungen und Kundenfeedback gesammelt werden sollen. Der Regelbetrieb soll Ende des Jahres starten.