Chemie-Industrie zur Absage an Sozialpartnermodell

„Der Beschluss der IG Metall hat für uns keine Auswirkungen“

Die IG Metall hat gegen das Sozialpartnermodell gestimmt. Ein Versicherer bezeichnet das Votum als „Rückschlag“. Auf die für die Chemieindustrie vereinbarten Tarifverträge hat die Entscheidung keinen Einfluss.

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14:10 Uhr | 27. Oktober | 2023
Schweißer bei der Arbeit

Die IG Metall hat sich gegen das Sozialpartnermodell enschieden. Wird der Betriebsrente ohne Garantien damit das Wasser abgegraben?

| Quelle: TerryJ

In der Chemie-Industrie gilt das Sozialpartnermodell seit November vergangenen Jahres – bisher habe sich eine „hohe zweistellige Zahl“ von Unternehmen für dessen Einführung entschieden, sagt Sebastian Kautzky, Geschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbands Chemie (BAVC), gegenüber procontra. „Wir sind zuversichtlich, dass wir in den kommenden Wochen die Marke von 100 Betrieben erreichen.“ Im Gegensatz dazu hat die größte deutsche Gewerkschaft, die IG Metall, am Mittwoch dem Sozialpartnermodell (SPM) eine Absage erteilt.

Zwei-Drittel-Mehrheit gegen Betriebsrente ohne Garantien

Vor vier Jahren hatte der Gewerkschaftstag entschieden, die neuen Möglichkeiten aus dem Betriebsrentenstärkungsgesetz zu prüfen. Nun hat er sich wegen der fehlenden Garantien dagegen entschieden. So warnten Gewerkschafts-Delegierte davor, dass man sich auf einen „fatalen Weg“ begebe, wenn die Alterseinkommen der Beschäftigten mit der Volatilität der Aktienmärkte verknüpft würden. Die „Marktgläubigkeit“ der FDP dürfe demnach nicht in der betrieblichen Altersvorsorge Einzug halten.

In Baden-Württemberg hatte sich die IG Metall zuletzt mit dem Arbeitgeberverband Südwestmetall auf dem Verhandlungsweg zu einem Tarifvertrag befunden, der eine Betriebsrente ohne Garantien enthalten hätte. Diese Option ist mit der Abstimmung des Gewerkschaftstages vom Tisch: Zwei Drittel stimmten gegen das bAV- Modell.

Auf die Tarifpraxis, die zwischen dem Arbeitgeberverband BAVC und der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE) im vergangenen Jahr vereinbart wurde, hat die IG Metall-Entscheidung indes keinen Einfluss. „Es gibt für uns keinen Grund, jetzt wieder vom Sozialpartnermodell abzurücken“, sagte BAVC-Geschäftsführer Sebastian Kautzky auf procontra-Anfrage. „Wir sehen, dass es eine Nachfrage gibt und gehen davon aus, dass das Modell weiter Anklang findet.“ Das unterstrich auch eine Sprecherin der Gewerkschaft IG BCE: „Der Beschluss der IG Metall hat für uns keine Auswirkungen“, machte sie deutlich.

Weniger „Overhead" für mehr Erfolgschancen

Jürgen Bierbaum, Leben-Vorstand der ALH-Gruppe, sieht hingegen Optimierungsbedarf beim SPM. Auf einer Pressekonferenz der Alten Leipziger führte er kürzlich aus: „Das Sozialpartnermodell hätte Chancen auf Erfolg, wenn es kein Sozialpartnermodell mehr wäre, sondern eine Flexibilisierung der betrieblichen Altersvorsorge, die sich mit weniger Overhead generieren ließe.“ Das herrschende Garantieverbot wirke sich hemmend auf die Verbreitung aus.

Eine Sprecherin der ALH-Gruppe teilte nun auf procontra-Nachfrage mit, dass man beim SPM „die Komplexität im Anbahnungsprozesses als größtes Hemmnis“ sehe. Angesichts des gegenwärtigen Marktumfeldes sei die Idee der reinen Beitragszusagen allerdings eine gute Voraussetzung, „um noch Renditechancen oberhalb der Inflationsrate zu haben.“ Die IG Metall-Entscheidung bezeichnet die Versicherungsgruppe als „Rückschlag, auch für die Bundesregierung“.

Neben der Chemie-Industrie führte bislang nur der Energieversorger Uniper das Sozialpartnermodell ein.