Diskussion hält an

BGH-Urteil zur Grundfähigkeitsversicherung: „Wir brauchen Rechtssicherheit"

Das BGH-Urteil zu Grundfähigkeitsversicherungen sorgt noch immer für Unruhe in der Branche. Die „Beschwichtigungen" seitens der Versicherer reichten nicht aus, meint etwa BU-Experte Matthias Helberg.

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15:02 Uhr | 17. Februar | 2025
Blick in einer Maklerbüro

Das BGH-Urteil zur Grundfähigkeitsversicherung sorgt noch immer für lebhafte Diskussionen. Viele Makler fühlen sich verunsichert (Symbolfoto).

| Quelle: Westend61

In dem Urteil, dem ein Rechtsstreit zwischen der Verbraucherzentrale Hamburg und der Axa um die Kündigung von Unfall-Kombi-Renten zugrunde liegt, geht es im Kern um die Frage, ob eine Grundfähigkeitsversicherung (GFV) als Sach- oder als Lebensversicherung einzustufen ist (wir berichteten).

Der BGH sieht Grundfähigkeitsversicherungen und auch Dread-Disease-Policen nicht als klassische Arbeitskraftabsicherung an. Damit würden für sie auch nicht die besonderen Vorschriften des VVG wie bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) Anwendung finden. Eine Folge: GFV-Verträge könnten von den Versicherern ordentlich gekündigt werden, was bei einer BU nicht möglich ist.

Versicherer geben Stellungnahmen ab

Inzwischen haben sich mehrere Versicherer zu der Angelegenheit geäußert. Der Tenor: Bei der GFV handele es sich um eine Versicherung nach Art der Lebensversicherung, was bedeute, dass sie den gleichen Regelungen wie eine BU-Versicherung unterliege.

Gegenüber procontra teilen etwa die DEVK Versicherungen mit: „Wir haben unsere Grundfähigkeitsversicherung bewusst von Anfang an als bedarfs- und bedürfnisorientierte Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung entwickelt, verstanden, beraten und verkauft. Das Produkt haben wir daher bewusst bei unseren beiden Lebensversicherungsunternehmen platziert und gerade nicht bei unseren Kompositversicherungen. Damit haben wir unsere Grundfähigkeitsversicherung auch seit jeher als Teil der Lebensversicherung verstanden. Demnach gelten selbstverständlich für diese die Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) für die Lebensversicherung.“

Weitere Stellungnahmen sind aktuell auch auf dem Blog von BU-Profi Guido Lehberg nachzulesen. So etwa eine Stellungnahme der Baloise, wonach bei ihren GFV die vereinbarten AVBs gelten würden, die nach Art der Lebensversicherung formuliert seien. Darüber hinausgehende Kündigungsmöglichkeiten ließen sich aus dem BGH-Urteil nicht ableiten.

Ähnlich die Einschätzung der Nürnberger. Auch die Franken ordnen die GFV und die Schwere-Krankheiten-Versicherung (Dread-Disease) als Lebensversicherung ein. Es bestehe somit auch keine rechtliche Grundlage für ein ordentliches Kündigungsrecht des Versicherers. Daran ändere auch das BGH-Urteil nichts, das sich auf eine Unfall-Kombirente beziehe.

Auch Guido Lehberg selbst hält die ganze Aufregung für unbegründet und wundert sich ein wenig über die anhaltende Diskussion. Für GFV und Schwere-Krankheiten-Versicherungen (SKV), die nach Art der Lebensversicherung abgeschlossen worden seien, werde sich durch das BGH-Urteil gar nichts ändern, meint er.

„Ich vermisse eine Rechtsgrundlage"

Versicherungsmakler und BU-Experte Matthias Helberg, der sich in einem Blog-Beitrag ausführlich mit dem Urteil auseinandergesetzt hat, sieht das indes etwas anders. Für ihn sind die Erklärungen der Versicherer eher Beschwichtigungen, die so nicht ausreichten. „Was ich vermisse, ist eine Rechtsgrundlage analog zur Berufsunfähigkeitsversicherung“, betont Helberg gegenüber procontra.

Diese fehlende Rechtsgrundlage führe zur Unsicherheit bei Maklern und Versicherten. Die Lebensversicherer müssten daher deutlich zum Ausdruck bringen, dass sie sich auch bei GFV an die besonderen Vorschriften des VVG wie bei der Berufsunfähigkeitsversicherung hielten und dass die Versicherungsnehmer durch das Urteil keine Nachteile zu erwarten hätten.